Palmensterben

Warum die Palmöl-Quelle in Gefahr ist

Ein Arbeiter auf einer Ölpalm-Plantage südlich von Quepos in Costa Rica (Provinz Puntarenas) beim Verladen von geernteten Früchten der Ölpalmen von einem Karren auf einen Lastwagen zum Abtransport in die Ölmühle.
Ein Arbeiter auf einer Ölpalm-Plantage in Costa Rica beim Verladen von geernteten Früchten der Ölpalmen © picture alliance / dpa / Rolf Haid
Von Udo Pollmer · 13.01.2017
Palmenrüssler, Schimmelpilze, Vergilbung: Verheerende Seuchen bedrohen die in Plantagen kultivierten Palmen. Wer ihren vielseitigen Nutzen für die Menschen nicht aufs Spiel will, muss endlich in moderne Züchtungsverfahren und Pflanzenschutz investieren.
Palmenstrände – Urlaub, Sonne und Entspannung, Ziel unserer Sehnsüchte an düsteren Wintertagen. Für die Menschen in den Tropen sind Palmen ein Zeichen von Wohlstand. Kokospalmen liefern mehr als nur Nahrung, den Einheimischen geben sie Brennstoff und Baumaterial. In Nordafrika bilden die Dattelpalmen die Grundlage der Oasenwirtschaft. Palmöl aus Asien wiederum ist weltweit das wichtigste Öl – bedeutsamer noch als Soja.
Doch viele Palmen, namentlich jene, die vom Menschen in großer Zahl kultiviert wurden, sind von Seuchen bedroht. Warum sollte es den Palmen anders ergehen, als anderen Nutzpflanzen? Während aber im Getreidebau – trotz Monokulturen – über Jahrzehnte keine globalen Missernten und Teuerungen zu beklagen sind – ist die Lage bei den Palmen besorgniserregend. Naturgemäß stellen sie die Züchter vor größere Herausforderungen, weil sie Jahre wachsen müssen bis sie Samen liefern. Auch ist die Schädlingsbekämpfung bei einer Pflanze mit 25 m Höhe schwieriger als bei Kartoffeln.

Larven lösen Baumsterben aus

Vor zwei Jahrzehnten kam es an der Costa del Sol zu einem rätselhaften Palmensterben. Als Übeltäter entpuppte sich der rote Palmenrüssler – einem Maikäfer nicht unähnlich. Seine Larven fressen sich durch den Stamm. Sobald die Palme Symptome eines Befalls zeigt, ist sie bereits rettungslos verloren. Wenige Wochen später bricht die von innen zerstörte Pflanze unter ihrem eigenen Gewicht zusammen.
Der Käfer gelangte aus den Sümpfen Südostasiens zunächst nach Ägypten, breitete sich dann in Nordafrika aus und kam über Baumschulen nach Spanien. Dort ist er längst eine meldepflichtige Seuche, man spricht von einer "Katastrophe biblischen Ausmaßes". Heute zerstört er im ganzen Mittelmeerraum die Bestände. Allein auf Sizilien fielen ihm über 12 Millionen Palmen zum Opfer. Mittlerweile treibt er auch in den USA und China sein Unwesen. Am liebsten frisst der Rüssler Dattelpalmen, aber auch Kokospalmen und Ölpalmen verschmäht er nicht.
"Es ist leider unabdingbar", klagen Palmenbesitzer auf Mallorca, "dass alle Palmen monatlich abwechselnd mit verschiedenen Insektiziden gespritzt werden müssen." Bei hohen Exemplaren werden dafür Löcher in die Stämme gebohrt. Andere versuchen die Insektizide mit einer Motorpumpe per Katheter hinauf ins Herz zu leiten. Letztlich hilft aber nur eine komplette Rodung. Befallene Palmen müssen mit Stumpf und Stiel entfernt und verbrannt werden.

Auch Schimmelpilze sind gefährlich

Mit Stumpf und Stiel verbrennen muss man die Palmen auch, wenn sie mit Fusarien infiziert sind. Diese Schimmelpilze lösen die Bayoud-Krankheit aus. Mit ihr schwindet die uralte Oasenwirtschaft, weil mit der Dattelpalme auch die Oase stirbt. Unter ihren schattenspendenden Wedeln gediehen die Gärten, fanden Mensch und Tier Schutz vor der sengenden Sonne. Nun aber müssen die Bewohner ihre Heimat verlassen und die Wüste schluckt die fruchtbaren Böden.
Inzwischen greift der hochaggressive Erreger auf die Ölpalmen in Südamerika über. Zum Glück hat er – dank rigoroser Quarantänemaßnahmen - noch nicht die riesigen Plantagen in Südostasien erreicht, dem Zentrum der Ölerzeugung. Aber das ist nur eine Frage der Zeit.
In der Karibik und in Florida grassiert eine andere Krankheit, die Palmenvergilbung, sie hat zahllose Kokospalmen vernichtet. Ähnliche Krankheiten werden auch aus West- und Ostafrika sowie aus Malaysia berichtet. Bei dem Erreger handelt es sich um eine kuriose Lebensform, um sog. Phytoplasmen. Im Anfangsstadium helfen noch Antibiotika, meist injizieren die Farmer Tetracycline (Terramycin). Später gibt es keine Rettung. Eine Bekämpfung von Heuschrecken, die die Phytoplasmen übertragen, genügt nicht.
Die Folgen für die Menschen in armen Ländern sind verheerend. Da aber eine welke Palme nicht so dramatische Bilder liefert wie ein Hurrikan, ist sie kein Thema. Wer verhindern will, dass die Menschen ihre Heimat verlassen müssen, dass es wieder zu Teuerungen und damit Hunger kommt, sollte in die Forschung, in moderne Züchtungsverfahren und Pflanzenschutz investieren. Alles andere führt in die Abhängigkeit. Mahlzeit!
Literatur:
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