Pale Waves aus Manchester

"Meine Seele macht diese Geräusche"

Foto der Band Pale Waves.
Band mit "Female Factor": Pale Waves. © Dirty Hit
Von Martin Risel · 12.09.2018
In England gelten sie schon als kommende Superstars: Pale Waves. Kern der Band aus Manchester bilden zwei junge Frauen. Sie schreiben die Texte und komponieren die Musik: eine Art 80er-Jahre Düsterpop.
Wenn die britische Poppresse mal wieder "Britain's most promising new band" ausruft, kann man getrost die Hälfte des Hypes abziehen – und im Fall von Pale Waves bleiben immer noch allerbeste Karrierechancen übrig.
Nicht zuletzt wegen ihres besonderen "Female Factor": Gegründet von zwei jungen Frauen, die sich getroffen haben am BIMM Manchester. Dem British and Irish Modern Music Institute, Europas größtem Popmusik-College mit acht Standorten, auch in Berlin und Hamburg.

"Das war echt von Männern dominiert"

Dort sind Schlagzeugerin Ciara Doran und die Sängerin und Gitarristin Heather Baron-Gracie vor allem auf männliche Mitschüler getroffen. Was die beiden erst genervt und dann zusammengeschweißt hat.
"Ja, das war echt von Männern dominiert. Und da haben Ciara und ich zusammengefunden und als weiblicher Kern die Band aufgebaut. Wir sind ja auch die Haupt-Komponistinnen. "
Heather Baron-Gracie, mit acht Jahren Gitarre und eigene Songs, will jetzt mit Pale Waves ganz groß raus. Zusammen mit Ciara Doran hat sie viele Mitspieler getestet, bevor sie die beiden richtigen fanden.
Beim kleinen britischen Indielabel Dirty Hit fühlt sie sich als Frau respektiert. Für den internationalen Markt ist schon ein Majorvertrieb engagiert. Damit das Debutalbum gleich um die Welt geht. "My mind makes noises" steht in einem innigen inneren Kontext: den Geräuschen ihrer Seele, ziemlich offen und direkt in Zeilen gegossen, die die Band unverwechselbar machen. Komprimiert im wohl wichtigsten Song.
"Dieser Text zu 'Noises' fasst im Grunde das Album zusammen. In den 14 Songs geht es vor allem um meine Erfahrungen und Erlebnisse. Also: Meine Seele macht diese Geräusche – und über diese persönlichen Gedanken schreibe ich."

Ein Schrei nach seelischem Beistand ist diese aktuelle Single von Pale Waves. Eine Offenheit, die verwirrt. Entspringt sie diesem scheinbaren Ende der Privatsphäre im Zeitalter der sozialen Medien?
"Vielleicht. Ich hab den Eindruck, die Leute gehen heute viel offener damit um. Das kann auch was Gutes sein. Aber ich teile in sozialen Medien nicht viel mit, schon gar nicht über andere Dinge als meine Musik. Und wenn ich die nicht hätte, würde ich mich auch nicht ausdrücken, sondern wäre wie ein geschlossenes Buch."
Die Band Pale Waves beim Golden Gate Park Festival in San Francisco
Demnächst mit der eigenen Show auf Tour: Pale Waves.© imago / ZUMA Press

Musik in Manchester-Tradition

Die Musik der Pale Waves hat etwas von ihren 80er-Idolen wie The Cure. Düsterer Dreampop, vor 40 Jahren hat man so etwas New Romantic genannt.
Alle vier Musiker stammen aus der Gegend um Manchester, wo auch Bands wie New Order, The Smiths und Joy Division herkamen. Färbt diese Manchester-Tradition auf das Songwriting von Heather Baron-Gracie ab?
"Hoffentlich. Es gibt so viele tolle Bands aus Manchester. Aber wenn du gute Musik machst, sollte es eigentlich keine Rolle spielen, woher du kommst. Aber vielleicht bringt das Wetter in Manchester die Leute dazu, großartige Musik zu machen: kalt, regnerisch, mies. Da bleibt man lieber drinnen. "
Mit ihrem Retro-New-Romantic-Sound erfinden Pale Waves die Popmusik nicht neu, gehen aber mit so einer Ambition an ihr Gesamtwerk aus wieder erkennbaren Songs und detailreichem Artwork heran, dass ihr Erfolg wie vorprogrammiert scheint. Auf die Festival-Tour folgt jetzt das Album, dann eine gigantische dreimonatige Tournee durch England, Europa und Amerika. Mulmig wird es den Newcomern um Heather Baron-Gracie dabei scheinbar nicht.
"Nein, wir haben zuletzt auf so vielen Festivals gespielt. Jetzt freue ich mich auf unsere eigenen Shows mit unseren Fans. Auch wenn es unsere bisher größte Tour ist: Ich mach mir da keine Sorge."

Das Debütalbum von Pale Waves, "My Mind Makes Noises", erscheint am 14. September.

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