Opulente Schau

Von Oliver Seppelfricke · 02.10.2009
Die Alexander-Schau in den Mannheimer Reiß-Engelhorn-Museen ist eine der ganz besonderen Art: Sie bietet mit 400 höchstwertigen Objekten aus den bedeutendsten Antikenmuseen der Welt ein opulentes und sinnenreiches Erlebnis, sie fordert den ganz genauen Betrachter heraus, und sie liefert einen neuen Blick auf das nur kurze, 32 Jahre währende Leben des Genies Alexander des Großen.
Nicola Crüsemann, Kuratorin der Schau: "Das Besondere ist, dass wir den Schwerpunkt auf Zentralasien gelegt haben. Das heißt, wir möchten den Besucher mit Alexander dem Großen bis nach Zentralasien führen. Das heißt, das Gebiet des heutigen Tadschikistan, Usbekistan und Afghanistan, um zu zeigen, was Alexander der Große und seine Nachfolger dort in der Gegend bewirkt haben. Auch noch lange nach dem Tod Alexander des Großen."

Die Schau nimmt uns mit auf die gut 6000 Kilometer lange und schlachtenreiche Reise des großen Makedoniers. "Jähzornig, leidenschaftlich, wissbegierig, klug, berechnend, mutig, ruhmsüchtig, neugierig, unaufhaltsam, jung, angsteinflößend, kühn" – das sind nur einige der Adjektive mit denen Alexander schon zu Lebzeiten belegt wurde. In Mannheim sind sie an die Eingangswand zur Ausstellung gemalt. Und dahinter sieht man dann auf einer Leinwand die Silhouette, den schemenhaften Abriss einer Figur, die man sich in der Ausstellung selbst im eigenen Kopf zusammensetzen muss.

Nicola Crüsemann: "Ja, es ist widersprüchlich. Mein ganz kleiner Eindruck, den ich jetzt bei der Auseinandersetzung mit diesem Thema entwickelt habe, ist, dass er tatsächlich beides war: Er war offensichtlich einer, der sehr neugierig war, der einen Drang hatte, immer weiter zu ziehen, der ja auch auf der Suche nach dem Ende der Welt ist. Der ja auch klug genug war, das Verwaltungssystem seiner Feinde zu übernehmen. Aber er konnte eben auch dann offensichtlich häufig sehr aufbrausend sein und auch dann seine Feinde oder diejenigen, die ihm widersprachen, sehr grausam strafen. Es muss also offensichtlich beides in ihm gesteckt haben. Und vielleicht hat das gerade seine Persönlichkeit auch ausgemacht."

Alexander, der im Jahr 334 vor Christus mit 20 Jahren den Thron nach dem Tod seines Vaters übernahm, war einer der größten und erfolgreichsten Schlachtherrn aller Zeiten. Er zog mit einem 35.000 Mann starken Heer, darunter die berüchtigten 6000 Reiter mit ihren 6 Meter langen Lanzen, erst gegen Persien und dann weiter bis nach Indien, einer für die Griechen damals völlig unbekannten Welt.

Nicola Crüsemann: "Also ein Grund war sicherlich eben, dass er die Griechen vereinen wollte, zu einem System zusammenbringen wollte. Und da ist es natürlich gut, einen Feind zu haben, gegen den man ziehen will und soll. Ich denke aber auch, dieses Treiben, immer woanders hin, das hat bei ihm auch eine Rolle gespielt. Dieses Interesse an fremden Gegenden und Welten, in der er ja auf diese Weise ganz gut hingelangen konnte."

Man muss auf dieser langen Reise sehr genau auf die Objekte hinsehen, wenn man die Besonderheit dieser Ausstellung, nämlich die Wechselwirkung der erobernden und der eroberten Kultur, begreifen will: Dass sich griechische und persische, vorderasiatische und pakistanisch-indische Einflüsse gegenseitig und wechselseitig bedingten, sieht man am deutlichsten vielleicht an den griechisch anmutenden Buddhastatuen aus der Zeit um 300 vor Christus. Viele kostbare Objekte aus Gold, Bronze oder Silber führt die Schau vor, von Handwerks- über Alltags- und Kriegsgeräten bis hin zum feinsten Schmuck, und nur selten ist der Einfluss des großen Griechenkönigs, den er bei seinem Streifzug durch den halben Orient hinterließ, so deutlich und einfach zu erkennen wie in einem der letzten Räume: Dort steht eine Badewanne, ein Geschenk Alexanders wohl an eine Frau oder Geliebte.

Nicola Crüsemann: " ... die es ja bisher in der Form nicht in Zentralasien gab oder gefunden wurde und die eine typisch griechische Badewanne ist von der Form her. Und das ist etwas, was so augenscheinlich ist, dass man tatsächlich das Gefühl hat, hier ist etwas Neues hineingekommen. Auch wenn die sich dann nicht weiter verbreitet hat. Man hat ja nicht dann noch mehr Badewannen bisher gefunden. Sondern das ist ein Element, was es in dieser Festung gibt und die ebenso deutlich zeigt, was dort vor Ort dann unter anderem auch passiert ist."

Service:
Mannheim, Reiss-Engelhorn-Museen "Alexander der Große und die Öffnung der Welt. Asiens Kulturen im Wandel" vom 2.10.09 bis 21.02.10.