Oprah for Präsidentschaftskandidatin?

"Es ist leider ein ganz offenes Rennen"

Oprah Winfrey hält bei der Golden-Globes-Verleihung eine bewegende Rede (7. Januar 2018).
Oprah Winfrey hält bei der Golden-Globes-Verleihung eine bewegende Rede. © dpa / Paul Drinkwater
Christian Lammert im Gespräch mit Nicole Dittmer und Julius Stucke · 09.01.2018
Oprah Winfrey sei durchaus als demokratische Präsidentschaftskandidatin denkbar, meint der USA-Experten Christian Lammert. Das zeige aber vor allem die Hilflosigkeit der Demokraten gegenüber Trump - und könnte fatale Folgen für das politische System haben.
Oprah for President! Seit ihrer fulminanten Rede bei der Golden-Globe-Gala wird US-Talkmasterin und TV-Produzentin Oprah Winfrey vor allem in den sozialen Netzwerken als potenzielle demokratische Präsidentschaftskandidatin gehandelt. Nur ein Twittersturm im Wasserglas - oder könnte sich daraus wirklich eine Kandidatur Winfreys entwickeln?

Tom Hanks war auch schon im Gespräch

"Sie hat eine gute Rede gehalten, aber eine gute Rede qualifiziert einen noch nicht zum Präsidenten", sagt der Politikwissenschaftler Christian Lammert, Professor für die Politik Nordamerikas an der Freien Universität Berlin. Angesichts der Hiflosigkeit, mit der die Demokratische Partei bisher dem Phänomen Donald Trump gegenüberstehe, sei eine Kandidatur Winfreys dennoch nicht auszuschließen.
"Man fragt sich: Wer kann aus unseren Reihen da entgegen treten? Da werden jetzt immer wieder ganz andere Personen genannt: Das fing an mit Michelle Obama, die das unbedingt machen sollte, dann kam wieder Joe Biden auf, dann kam: Wir müssen jüngere Leute bringen, die noch nicht auf der nationalen Ebene verbraucht sind. Und jetzt ist es Oprah Winfrey."
Auch hätten die Demokraten bereits vor einiger Zeit überlegt, ob es nicht sinnvoll wäre, das nächste Mal mit einem Schauspieler anzutreten, so Lammert. "Tom Hanks war dann im Gespräch."

Kandidatin mit Chancen

Sollte sich Oprah Winfrey tatsächlich in den Vorwahlkampf begeben, "dann ist das, glaube ich, leider ein ganz offenes Rennen", meint Lammert. Denn nicht nur unter den Republikanern sei die Frustration gegenüber der Parteielite und dem politischen Establishment groß, sondern auch bei den Anhängern der Demokraten.
"Und da kann ich mir schon viele Wähler im Vorwahlkampf vorstellen, die sagen: Jetzt gibt es mal einen Denkzettel für die eigene Partei, wenn wir für Oprah Winfrey stimmen."
Eine solche "Trumpisierung" der Demokraten wäre ein "fataler Fehler", warnt der Politikwissenschaftler. "Da wird Politik zum Entertainment gemacht. Darauf sollte sich die Demokratische Partei nicht einlassen."

Es fehlt an einer Strategie gegen populistischen Rechtsruck

Allerdings hat die Partei bei der Nominierung eines Kandidaten natürlich ein Problem, räumt Lammert ein. "Man muss natürlich sehen, dass die Wähler und die Parteianhänger wirklich mit den etablierten Politikern in Washington momentan wenig anfangen können. Man braucht ein unverbrauchtes Gesicht, was gleichzeitig aber schon bekannt ist. Und das ist das große Problem."
Wichtiger als die Persönlichkeit des künftigen Kandidaten sei aber, dass man mit dieser Person ein Programm verbinde. "Das fehlt den Demokraten momentan noch, dass sie einen Gegenentwurf haben zu diesem populistischen Rechtsruck, den wir in den USA gesehen haben", sagt Lammert.
"Und solange ihnen das nicht gelingt, können sie eigentlich aufstellen, wen sie wollen – die Wähler werden frustriert sein."
(uko)

Christian Lammert ist Professor für die Politik Nordamerikas am John-F.-Kennedy-Institut der FU Berlin. Zuletzt erschien von ihm "Die Krise der Demokratie und wie wir sie überwinden" (gemeinsam mit Boris Vormann), (Aufbau-Verlag 2017).

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