Opernfestspiele Heidenheim

Ein Genie beim Warmlaufen

Probe der Stuttgarter Philharmoniker am 17.06.2014 im Gustav-Siegle-Haus in Stuttgart mit Dirigent Marcus Bosch
Der Dirigent Marcus Bosch © Thomas Niedermueller
29.07.2017
Zwar gilt die Gleichung "Sommerfestival = unverbindliche Gefälligkeit" schon lange nicht mehr. Aber nur wenige brechen so radikal mit diesem Klischee wie der Dirigent Marcus Bosch: schon zum zweiten Mal nacheinander wirft er sich für die unbekannten Debüt-Opern Verdis in den Ring.
Im vergangen Jahr stand in Heidenheim "Oberto", der tragische Erstling des werdenden italienischen Operngenies, auf dem Programm; diesmal nun ist der erste Versuch Verdis im komischen Fach (der dann, nach seinem Scheitern beim Publikum, für volle 53 Jahre auch der letzte blieb!) an der Reihe. Zu Recht: den dieser "König für einen Tag" – ein zeittypisch ironisch-hintergründiger Kostüm-Klamauk mit einigen sentimentalen Einsprengseln – beweist, dass der 27-jährige Komponist im Entstehungsjahr 1840 den Werkzeugkasten seiner damals noch renommierteren Kollegen schon bestens beherrschte. Nur seine ganz individuelle Sprache hatte er noch nicht gefunden, sicher auch dadurch blockiert, dass gerade diese "komische Oper" unter höchst tragischen persönlichen Umständen – er verlor innerhalb kurzer Zeit seine beiden kleinen Kinder und seine Ehefrau Margherita Barezzi – entstehen musste.
Das Premierendebakel freilich lag sicher weniger am Stück als einer bösen Zusammenballung unzulänglicher Aufführungsbedingungen. Aber es hatte Folgen; denn selbst der Fehlstart seines späteren Welthits "La Traviata" hat Verdi nicht so stark zugesetzt wie diese Pleite in einer Phase, als er noch jung war und unter schwierigsten persönlichen Umständen seinen Weg suchte. Heute können wir uns eine unbefangene Sicht auf die Qualitäten und auch Schwächen des Werkes leisten – Marcus Boschs Initiative in Heidenheim gibt eine der seltenen Gelegenheiten dazu.


Opernfestspiele Heidenheim
Congress Centrum
Aufzeichnung vom 27.07.2017


Giuseppe Verdi
"Un giorno di regno"
Opera buffa in zwei Akten
Libretto: Felice Romani


Gocha Abuladze - Cavaliere Belfiore
Davide Fersini - Baron Kelbar
Michaela Maria Mayer - Giulietta di Kelbar
Elisabeth Jansson - Marchesa del Poggio
Giuseppe Talamo - Edorado di Sanval
David Steffens - La Rocca
León de la Guardia - Graf Ivrea
Daniel Dropulja - Delmonte


Tschechischer Philharmonischer Chor Brünn
Capella Aquileia
Leitung: Marcus Bosch