Oper in deutschen Ländern

27.02.2010
Rund 400 Jahre alt ist sie und hundertmal totgesagt: die Oper. Obwohl im Radio das visuelle Element fehlt, haben wir sie immer wieder ins Programm genommen, denn wir glauben daran: die Oper ist radiotauglich! Im vorigen Jahr starteten wir die Serie "Oper in deutschen Ländern" – von großen und kleinen Bühnen bringen wir Raritäten, Wiederentdeckungen, Erstaufführungen und natürlich die "große" Oper.
Wir wollen damit auch ein Bild von der Vielfältigkeit der deutschen Opernszene vermitteln und beweisen, dass vor allem auch die kleineren Häuser erstaunliches Potential haben. Unterstützt werden wir bei diesem Mammutvorhaben von den Kollegen der ARD.

Fünfundzwanzigstes Projekt dieser Reihe ist die Oper "Die Tragödie des Teufels" von Peter Eötvös aus der Bayerischen Staatsoper München.

"Sprengt die Opernhäuser in die Luft" – eine oft zitierte, dabei fast immer aus dem Zusammenhang gerissene Forderung von Pierre Boulez. Der Komponist und Dirigent bezweifelte damals, in den 1960er Jahren, das Zukunftspotential der Oper – als gesellschaftlicher Institution genauso wie als musikalischer Gattung. Das Zündeln an der Lunte hat sich gelohnt, denn – derart in Erklärungsnot geraten – dachte die Opernwelt nie so sehr über sich und ihre eigenen Möglichkeiten nach wie in den Jahren, die Boulez’ berüchtigtem Schlachtruf folgten. Ausgerechnet einer der einstmals engsten Mitarbeiter von Pierre Boulez hat seitdem gezeigt, dass die Oper sogar den Erfordernissen der musikalischen Avantgarde gerecht werden kann, ohne an Publikum zu verlieren: Der ungarische Komponist und Dirigent Peter Eötvös, Jahrgang 1944, hat mit Werken wie "Drei Schwestern" und "Love and other demons" die Musiktheater erobert.

Die Bayerische Staatsoper München hat sich nun die Uraufführung eines neuen musikdramatischen Werkes von Peter Eötvös gesichert: "Die Tragödie des Teufels" geht auf das 1861 entstandene Theaterstück "Die Tragödie des Menschen" von Imre Madách zurück. Albert Ostermaier hat diese ungarische Version des Faust-Stoffes in ein Libretto gefasst, aus dem Eötvös seine "Komisch-utopische Oper in zwölf Bildern" entwickelt hat. Lucifer führt hier Adam und Eva vom Himmel durch die Welt zur Hölle – die Grenzen sind fließend und finden sich mal in einer Wüste, ein anderes Mal in einer Glitzerstadt à la Las Vegas. Sie lösen sich schließlich in einer Schreckensvision auf, angesichts derer auch Lucifer machtlos ist: Die von ihm gelenkten Menschen entpuppen sich als unkontrollierbare Klone.



Oper in deutschen Ländern
Bayerische Staatsoper München
Aufzeichnung vom 22.2.2010


Peter Eötvös
"Die Tragödie des Teufels"
Komisch-utopische Oper in zwölf Bildern (Uraufführung)
Text von Albert Ostermaier

Cora Burggraf, Sopran – Eva
Ursula Hesse von den Steinen, Mezzosopran – Lucy
Topi Lehtipuu, Tenor – Adam
Georg Nigl, Bariton – Lucifer
Julie Kaufmann, Sopran – Die Jeriko
Elena Tsallagova, Sopran – Die erste Rumata
Heike Grötzinger, Mezzosopran – Die zweite Rumata
Annamária Kovács, Alt – Die dritte Rumata
Kevin Conners, Tenor – Der Skelton
Christoph Pohl, Bariton – Der Strugatzi
Nikolay Borchev, Bariton – Der L
Christian Rieger, Bariton – Der Arkanar
Wolfgang Bankl, Bass – Der Boris
Bayerisches Staatsorchester
Leitung: Peter Eötvös/Christopher Ward


nach dem 7. Bild ca. 20:00 Uhr Pause mit Nachrichten
Olaf Wilhelmer im Gespräch mit Peter Eötvös
Mehr zum Thema