Oper in deutschen Ländern

Die dekadente Prinzessin

Kieler Hafen
Kieler Hafen © Dammann/Deutschlandradio
10.01.2015
Die Macht der Musik ist immer wieder ein gern genommenes Thema für Opern. Auch Franz Schreker hat sie in seine musikalische Geschichte einer dekadenten Prinzessin, die vor dem Zorn ihres Volkes durch einen fahrenden Musiker geschützt wird, einfließen lassen. Das Kieler Opernhaus hat das Werk vor zwölf Jahren wieder entdeckt.
In Frankfurt am Main war der Uraufführungserfolg mäßig. In Wien fiel Franz Schrekers Oper sogar gnadenlos durch. Es sollte 90 Jahre dauern, bis das Kieler Opernhaus im Jahr 2003 eine Neuentdeckung wagte und damit überaus erfolgreich war. Deutschlandradio Kultur hat diese Aufführung dokumentiert.
Komponiert hat Franz Schreker die Oper zwischen 1909 und 1912. Es schlossen sich selbstkritische Revisionsarbeiten bis zur Erstaufführung an.
Die Geschichte hat sich der Komponist selbst ausgedacht: Ein fahrender Geselle verhindert durch sein Flötenspiel, dass eine etwas dekadente Prinzessin vom eigenen Volk gelyncht wird. In gewisser Weise eine Variante der Legende vom "Rattenfänger von Hameln". Franz Schreker fand seine Inspirationen in einem kurios anmutenden Zeitungsbericht über einen greisen Geigenvirtuosen, der in sein Heimatdorf zurückkehrt ist und phantastisch gefeiert wird.
Kurios wirken die Entstehungsumstände, die Schreker bei der Arbeit an der Oper begleiteten. Während ein riesiges Volksfest im Gange ist – Musikkapellen spielen auf, Schausteller und fahrende Leute unterhalten -, gibt es ein Feuerwerk und am Ende ein furchtbares Unglück mit Toten, Panik und Gekreisch. Der Komponist selbst kann nur knapp entkommen – diese Katastrophenstimmung schimmert in der Partitur der Oper immer wieder deutlich durch.
Überschrieben ist das Werk "Das Spielwerk und die Prinzessin". Das Spielwerk bezeichnet kein einfaches Glockenspiel, sondern einen geheimnisvollen, geradezu magischen Mechanismus. Es ist die Resonanz eines reinen, unverdorbenen Leibesempfindens. Es ist wie ein Gewissen, eine sittliche Instanz. Das Spielwerk wurde jedoch verdorben: Meister Florian, sein Erfinder und Erbauer, hatte bei der Ausführung "gepfuscht". So folgt das Spielwerk leider auch dem grellen Lied, der zügellosen Leidenschaft, funktioniert göttlich und teuflisch zugleich. Franz Schreker sieht in der Oper deshalb ein zweites Orchester vor, das sphärische Klänge erzeugt, das unsichtbar bleibt und der Vermittlung mystischer Handlungsvorgänge dient.
Oper Kiel
Aufzeichnung vom 26. Januar 2003
Franz Schreker
Das Spielwerk und die Prinzessin
Oper in einem Vorspiel und zwei Aufzügen
Meister Florian - Thomas J. Mayer, Bariton
Die Prinzessin - Julia Henning, Sopran
Ein wandernder Bursche - Hans-Jürgen Schöpflin, Tenor
Geselle Wolf - Matthias Klein, Bass-Bariton
Graben-Liese - Anne-Carolyn Schlüter, Mezzosopran
Castellan - Hans Georg Ahrens, Bass
Bürger und Männer: Jörg Sabrowski, Jakob Zethner, Paul McNamarra und Martin
Fleitmann
Chor und Kinderchor der Bühnen der Landeshauptstadt Kiel
Philharmonisches Orchester Kiel
Leitung: Ulrich Windfuhr