Donnerstag, 28. März 2024

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Griechische Azubis in Deutschland
Dienstleistungsmentalität im Blut

Durch ein EU-Projekt kamen so vor einem Jahr 30 junge Griechen zur Ausbildung nach Deutschland - doch nicht für alle war der Start einfach. Einige sind wieder abgereist. Manchen lag der Arbeitsort zu abgelegen. Andere kämpften mit der deutschen Sprache - und mit der deutschen Mentalität. Andere konnten mit ihrer Mentalität punkten.

Von Amelie Ernst | 11.08.2016
    Eine Kellnerin trägt ein Tablett mit mehreren Gerichten.
    Viele junge Menschen aus Griechenland möchten in Deutschland eine Ausbildung in der Gastronomie oder im Hotel machen. (dpa / picture alliance)
    Eine großzügige Hotelanlage direkt am Scharmützelsee, viel Grün, viele internationale Gäste – für Georgios Rautsos aus Thessaloniki ein Traum-Arbeitsplatz:
    "Ich habe das Hotel gesehen, es war ein wunderschönes Hotel. Und ich wollte als Hotelfachmann eine Ausbildung machen. Ich habe schon früher mal in einem Hotel gearbeitet, und mein Vater arbeitet auch seit vielen Jahren im Hotel. Und aus diesem Grund wollte ich das probieren."
    So kam Georgios Rautsos im vergangenen Jahr als einer der ersten Griechen mit dem Projekt "MobiPro" nach Bad Saarow, machte ein Praktikum im Arosa Resort und begann dann seine Lehre als Hotelfachmann. Genau wie zwei andere junge Griechen. Personalchefin Veronika Weigang ist froh, sie im Team zu haben.
    "Also was mir besonders auffällt, ist die Freundlichkeit und das Lächeln. Diese Dienstleistungsmentalität, die sehe ich bei unseren griechischen Azubis so als gegeben im Blut. Und das ist schön."
    Probleme mit deutscher Sprache und Mentalität
    Drei der ursprünglich sechs jungen Griechen, die sich eine Ausbildung im Arosa Resort vorstellen konnten, sind allerdings frühzeitig wieder abgereist - eine Erfahrung, die auch andere Betriebe gemacht haben: Jeder zweite der anfangs 30 Griechen ist mittlerweile wieder zuhause.
    Manchen lag der Arbeitsort zu abgelegen. Andere kämpften mit der deutschen Sprache - und mit der deutschen Mentalität.
    "Ihre Zielstellung hat sich dann doch nicht so gedeckt, oder sie haben doch sehr schnell Heimweh bekommen. Auch das ist ein Thema, je nachdem wie selbstständig sie schon in Griechenland waren."
    Bei der Firma Reuther STC in Fürstenwalde hatte man Glück: Alle fünf Griechen, die im vergangenen Herbst ihre Ausbildung zum Anlagenmechaniker begonnen haben, sind noch da – nur einer wird den Windanlagenbauer demnächst verlassen, weil er ein lukrativeres Jobangebot in Berlin hat. Aber solche Wechsel müsse man einfach mit einkalkulieren, sagt Reuther-Personalchef Gerold Brunken.
    "Bei den Griechen ist es halt so: Die haben teilweise schon eine akademische Ausbildung, kommen hierher, lernen den Anlagenmechaniker – da muss man damit rechnen, dass sie vielleicht später nach der Ausbildung weitergehen, zur Schule oder zur Universität. Das ist durchaus im Bereich der Möglichkeiten, aber wenn Sie deutsche Auszubildende haben – die bleiben auch nicht bei Ihnen, die wechseln auch."
    Mehr Arbeitsmöglichkeiten in Deutschland
    Auch Stylianos Mavrides, einer der künftigen Anlagenmechaniker, hat zuhause in Griechenland bereits ein Studium abgeschlossen, ist Fachinformatiker. Dass er in Deutschland nun nicht am Schreibtisch, sondern an der Werkbank gefragt ist, das macht dem 27-Jährigen nichts aus. Rund 700 Euro bekommt er hier im ersten Lehrjahr – kein Vergleich zu Griechenland.
    "Die Situation in Griechenland ist sehr schwierig. Für junge Leute gibt es keine Arbeit. Und wir wollen arbeiten, haben aber nichts gefunden. Deswegen habe ich die Entscheidung getroffen, nach Deutschland zu kommen. In Deutschland gibt es viele Möglichkeiten zu arbeiten."
    Seine Freundin hat Stylianos gleich mitgebracht – sie hat in Griechenland lange Deutsch gelernt und wird im Herbst als Grundschullehrerin in Fürstenwalde anfangen. Mit der Freundin an der Seite fiel der Abschied von zuhause auch nicht so schwer, sagt Stylianos. Anders bei Hotel-Azubi Evangelos Sterigou. Er kam zum Praktikum im Frühjahr allein nach Bad Saarow.
    "Das ist etwas schwierig – ich vermisse mein Zuhause, meine Familie, mein Auto, meine Freunde. Aber es ist gut hier."
    Nur in den Ferien zurück nach Griechenland
    Trotz allem wollen die beiden Hotel-Azubis Georgios und Evangelos auch nach ihrer Ausbildung in Deutschland bleiben, hängen sich deshalb in der Berufsschule besonders rein. Zurück nach Griechenland? Die beiden schütteln den Kopf – höchstens in den Ferien. Veronika Weigang hört das gern.
    "Also wir hätten jetzt die Anzahl der Azubis auch mit Deutschen vollbekommen, allerdings hätten wir Qualitätseinbußen. Das heißt, ich schaue sehr auf Haltung und Einstellung. Und da wäre das nicht das, was wir uns vorstellen."
    Auch für das nächste Ausbildungsjahr will die Personalchefin wieder in Griechenland nach motivierten Azubis suchen – dieses Mal allerdings mit noch mehr Infos, damit auch wirklich alle bleiben.