Online-Glücksspiel

Staatlich legitimierte Suchtgefahr

08:29 Minuten
Glücksspiel im Internet (Symbolbild)
Bisher spielten nur rund zwei Prozent der Bevölkerung in Online-Casinos. Höhere Zahlen durch die Legalisierung befürchtet Ilona Füchtenschnieder. © imago images / colorwaste
Ilona Füchtenschnieder im Gespräch mit Dieter Kassel · 01.07.2021
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Ein neuer Staatsvertrag legalisiert Online-Casinos in Deutschland. Trotz 1000 Euro Maximaleinsatz im Monat: Bei 24 Stunden Verfügbarkeit sei die Gefahr sehr hoch, spielsüchtig zu werden, warnt die Expertin Ilona Füchtenschnieder.
In einem virtuellen Casino Poker oder Roulette spielen: Das ist nun durch einen neuen Staatsvertrag mit bundesweit einheitlichen Regeln offiziell erlaubt. Die enthaltenen Schutzvorschriften allerdings hält Suchtexpertin Ilona Füchtenschnieder für unzureichend. "Die Online-Casinos zählen zu den wirklich suchtrelevanten Spielen", sagt sie.
Insbesondere sieht Füchtenschnieder den maximalen Spieleinsatz von 1.000 Euro im Monat als zu hoch an:
"Das ist ein Signal auch an junge Menschen, die auf den Markt kommen, dass quasi Vater Staat sagt: Es ist okay, wenn du 1.000 Euro pro Monat beim Glücksspiel verlierst. Das ist aus suchtpräventiver Sicht eine falsche Botschaft."
Die Teilnahme an Glücksspielen sei ohnehin mit hohen Risiken verbunden und bei Online-Casinos sei sie noch höher. Denn diese seien rund um die Uhr verfügbar. Niemand wisse, ob jemand gerade eine SMS versende oder eine Wette setze. Die soziale Kontrolle falle "völlig" weg, so die Vorsitzende des bundesweiten Fachverbands Glücksspielsucht.

Die Bundesländer schielen nach den Steuern

"Das müssen die Bundesländer sich leider vorwerfen lassen: Dass sie doch hier nach den Steuern schielen", kritisiert Füchtenschnieder weiter. In der Vergangenheit sei nicht genug zur Eindämmung des illegalen Glücksspiels getan worden. Illegale Angebote werde es auch weiter geben, befürchtet die Expertin:
"Es ist schon eine etwas schräge Situation. Anbieter, die jahrelang hier illegal tätig waren, die haben von heute auf morgen eine weiße Weste. Das gibt es ansonsten in vielen anderen Rechtsgebieten so nicht. Ich glaube nicht, dass man erwarten kann, dass die auf einmal zu den Chorknaben werden und sich in Zukunft buchstabengetreu an alle Gesetze halten werden."
(bth)
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