Online-Auktionen

Ebay und Sotheby's wollen kooperieren

Kunstauktion bei Sotheby's in Hong Kong im Jahr 2006. Ein Bieter hält ein Schild hoch.
Nicht nur vor Ort, auch über Ebay kann man jetzt bei Sotheby's mitbieten. © picture-alliance/ dpa / Landov 2631250
Von Rudolf Schmitz · 02.04.2015
Nein, kein Aprilscherz. Am 1.4. war es soweit: Ebay-Kunden konnten bei Sotheby's in New York mitsteigern. Ist damit die Exklusivität der Auktionshäuser endgültig gesprengt? Unser Kunstkritiker Rudolf Schmitz hat einen Selbstversuch gemacht.
Der Sotheby's-Auktionator hat allen Grund, sich zu bedanken. Der Umsatz an diesem Vormittag in New York, mit 188 Losen aus dem Bereich Fotografie, geht über die Grenze von fünf Millionen Dollar. Der Fotografie-Markt boomt, die Preise schießen durch die Decke. Eine Serie von Lee Friedländer, 38 Fotos über die Allgegenwart des Fernsehers in amerikanischen Wohnungen, brachte allein 850.000 Dollar. Die Auktion war mit Spannung erwartet worden, denn Sotheby's hat sich seit dem 1.April mit Ebay zusammen getan. Jetzt also nicht nur Handtaschen, Handys oder Schallplatten, sondern Kunst von Weltniveau für die globale Gemeinde von schätzungsweise 150 Millionen Ebay-Nutzern. Die Kunst geht online, die Auktionen sind als Livestream zu verfolgen.
Auch ich habe mich registriert. Das muss 24 Stunden vor der jeweiligen Versteigerung passieren. Und dann ist alles ausgesprochen einfach. Das jeweilige Los wird aufgerufen, das Bietergefecht beginnt, eine Tabelle listet die Gebote und nennt den Preis, der es überbieten kann. Bid now, heißt es: jetzt bieten. Ein Klick und Du bist dabei. Und man kann sich gut vorbereiten. Der Auktionskatalog ist auf der Website von Sotheby's einsehbar, die einzelnen Fotografien sind abgebildet und beschrieben. Ob es sich um einen Vintageprint handelt, wo und wie sie signiert und datiert sind, wie groß die jeweilige Edition war. Da man jetzt im Traditionshaus Sotheby's mit einer Menge Greenhorns rechnet, also mit Ahnungslosen aus aller Welt, gibt es Tipps zum Kunstsammeln – leider völlig unergiebig und banal. Und Videos, zum Anfüttern:
Ausschnitt aus Sotheby's-Video "New York": "Bring a piece from Sotheby's into your home and capture the incredible spirit of things made in New York."
Nachfrage nach immer neuem Futter
Klar, wir können nicht alle in New York leben, aber dank Onlineversteigerung bei Sotheby's können jetzt auch wir zum kleinen New Yorker werden und den kreativen "Spirit" zu Hause aufhängen.
Mir sind die Fotos von Larry Sultan ins Auge gestochen. Dieser kalifornische Fotograf ist mit einigen "Pictures of Home" vertreten: Kalifornische Ehepaare und Einzelgänger in ihrem häuslichen Ambiente. Mischungen aus Dokumentation und Inszenierung, grell und zugleich liebevoll. Doch ehe ich erfahre, was mich das kosten würde, erlebe ich die Preisexplosion bei einigen Klassikern. Bewegungsstudien von Muybridge, 1887, Bögen mit Kontaktabzügen, Einstiegsgebot 12.000, endet bei unglaublichen 75.000 Dollar. Nicolas Nixon, 40 Fotos der "Brown-Sisters" in allen Lebensaltern: 370.000 Dollar. Meine Larry Sultans, die mit einem Einstiegspreis von 2400 bzw. 4000 erschwinglich schienen, enden bei 20.000.
Aber online hätte ich die sowieso nie gekauft. Grade bei Fotografien spielt der Erhaltungszustand natürlich die entscheidende Rolle. Und dazu gibt es keine Angaben. Aber in der Art, wie Sotheby's die Neukunden lockt, ahnt man, was da für ein Markt aufgetan werden soll. Und im Segment der mittleren Preise verspricht der Online-Markt einen wahren Tsunami. Künstler müsste man sein, denke ich mir. Da wird eine Nachfrage geschaffen, die nach immer neuem Futter und immer jüngeren Stars verlangt. Dass sich inzwischen Investorensammler auf junge Künstler stürzen und deren Preise explodieren lassen, ist bekannt. "Art Flipping" heißt dieses Phänomen. Auch die Allianz von Sotheby's und Ebay verdankt sich einem New Yorker Hedgefond-Manager, der sich in Sotheby's eingekauft hat und das Auktionshaus jetzt zu neuen Rekordumsätzen treiben will. Schöne neue Sammlerwelt. Aber bitte ohne mich...