Olympiahoffnung in Kasachstan

Image-Gewinn auf Kosten der Natur

Skigebiet Shymbulak in Kasachstan
Spuren von Baufahrzeugen im Skigebiet Shymbulak nahe der Stadt Almaty in Kasachstan im September 2013. © imago/snapshot
Von Elisabeth Lehmann · 31.07.2015
Das Olympische Komitee entscheidet am Freitag, wo die Winterspiele 2022 stattfinden werden. Die autoritär regierende kasachische Regierung will sie unbedingt haben. Naturschützer befürchten hingegen, wie bei den Asien-Spielen vor vier Jahren, Umweltzerstörungen.
Der Weg zum anderen Ufer des Sees ist nicht ganz einfach. Doch nur hier bekommt Ravil Nasirov die schönsten Aufnahmen des Nationalparks. Nur hier spiegeln sich die schneebedeckten Fünftausender im türkis-blauen Wasser.
"Das Schlimme ist: Die, die das hier zerstören wollen, die sehen diese Schönheit gar nicht. Die sind so an die Stadt gewöhnt, an eine künstliche Umgebung. Das macht die Seele des Menschen kaputt."

Mit "die" meint der Aktivist von der Gesellschaft "Grüne Rettung" alle Olympia-Fans in Almaty. Und davon gibt es viele, denn ein Großteil der Kasachen unterstützt die Bewerbung für die Winterspiele 2022. Nasirov kann das nicht nachvollziehen. Er erinnert sich noch an das letzte sportliche Großereignis:
"Vor vier Jahren haben die Asien-Spiele in Almaty stattgefunden und damals hat man sehr viel Schaden im Nationalpark Shymbulak angerichtet. Massen von Bäumen wurden gefällt, Hänge gerodet und nun wird dort alles weggespült. Früher war das mal eine natürliche alpine Landschaft. Heute sieht es aus wie ein Industriegebiet."
Brief ans Olympische Komitee
Nasirov und seine Kollegen haben einen Brief mit ihren Bedenken an das Internationale Olympische Komitee IOC geschickt und waren erfolgreich.

"Wir haben die Entscheidung getroffen, zwei Nationalparks aus der Bewerbung herauszunehmen. Das ist nur ein Beispiel für den offenen Dialog, den wir mit Kritikern der Spiele führen. Wir haben uns allen einen Gefallen getan, indem wir die Objekte aus der Bewerbung ausgeklammert haben."

Ganz so, wie Andrej Krjukov, der Vize-Chef des kasachischen Bewerbungskomitees, es darstellt, war es zwar nicht. Viel mehr hat das IOC Kasachstan gezwungen, die Naturreservate Shymbulak und Kok Zheljau zu streichen. Doch Krjukovs Version klingt vorteilhafter. Er hat im Laufe des Bewerbungsprozesses gelernt: Kasachstan muss an seinem Image arbeiten.
Der Funktionär empfängt auf der Terrasse des Luxushotels Ritz Carlton. Von hier aus hat man einen hervorragenden Blick auf die olympische Skisprungschanze.
"Wir sind eine echte Winterstadt. Wir sind quasi wie für die Olympischen Spiele gemacht. Man muss hier nichts ändern. Wir müssen keine Anlagen teuer bauen. Nicht einen Weg müssen wir bauen. Wir haben alles. Und das in einem Umkreis von nur 30 Kilometern."
Olympische Spiele sollen nachhaltiger werden
Almatys Bewerbung passt gut in das Reformkonzept des IOC. Olympische Spiele sollen in Zukunft nachhaltiger und günstiger werden, als zum Beispiel in Sotschi 2014. Kasachstan hat mit vier Milliarden Dollar nicht einmal ein Zehntel der Summe veranschlagt, die Russland damals ausgegeben hat. Auch Almatys einziger Konkurrent, Chinas Hauptstadt Bejing, muss sich eine Wintersportinfrastruktur erst noch bauen. In Kasachstan stehen 80 Prozent der Sportstätten schon. Almatys größter Trumpf allerdings ist die Unterstützung der Bevölkerung. Die Einwohner sind im Olympia-Fieber.
"Natürlich sollten die Olympischen Spiele nach Almaty kommen. Sie waren noch nie in Zentralasien. Das wäre grandios. Die Stadt und die Wirtschaft werden sich entwickeln, Touristen werden kommen."
Das ist auch das Kalkül der Regierung. Präsident Nursultan Nasarbajev regiert das Land seit 1990 autoritär. Sein Vermögen wird auf sieben Milliarden Dollar geschätzt. Doch es geht ihm schon lange nicht mehr nur ums Geld. Er will Anerkennung aus dem Westen. Und die verspricht er sich von sportlichen Mega-Veranstaltungen. In zwei Jahren findet die Universiade, die Weltspiele der Studenten, in Almaty statt. Olympische Winterspiele 2022 wären die Krönung für Kasachstans Image.
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