Olga Grjasnowa über 100 Jahre PEN

"Es ist nicht unpolitisch, keine politische Meinung zu haben"

07:41 Minuten
Ein Porträt der Autorin Olga Grjasnowa ("Gott ist nicht schüchtern") auf der Buchmesse in Leipzig.
Olga Grjasnowa sieht „grundsätzliche Ideale“ im Literatenverband PEN gut aufgehoben. © picture alliance / dpa / Jan Woitas
Moderation: Dieter Kassel · 05.10.2021
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Der Schriftstellerverband PEN wird hundert Jahre alt. Einst wollte er unpolitisch sein. Doch das sei gar nicht möglich, meint die Schriftstellerin Olga Grjasnowa.
Im Jahr 1921 als elitärer Kreis Londoner Literaten gegründet, ist der Schriftstellerverband PEN heute ein wichtiger Akteur im Kampf für die Meinungsfreiheit weltweit. Der Verband versteht sich als "Anwalt des freien Wortes" und als "Stimme verfolgter und unterdrückter Schriftsteller".
Große Worte, hehre Ziele: Die Schriftstellerin Olga Grjasnowa sieht darin dennoch keinen Anspruch des PEN, als Moralwächter aufzutreten. Es gehe vielmehr um "grundsätzliche Ideale", die eigentlich "menschlicher Common Sense" sein sollten, betont sie.

"Es gibt keine unpolitische Kunst"

Zum Zeitpunkt der Gründung wollte der PEN noch unpolitisch sein – doch es stellte sich schnell heraus, dass das nicht möglich sein würde. Die Diskussion über politische Kunst und Moral führe oft auf die falsche Fährte, sagt Grjasnowa:
"Sich als Schriftstellerin oder Künstlerin nicht politisch zu engagieren, ist auch eine politische Aussage. Es gibt keine per se unpolitische Kunst. Es ist nicht unpolitisch, keine politische Meinung zu haben." Schweigen sei "gar nicht so harmlos", betont die Autorin.

"Ich habe eine Idee! Ein Dinner-Club – Männer und Frauen von Ansehen. Dienstags Dinner um 8 Uhr abends im Restaurant Florence." So spontan soll Catherine Amy Dawson-Scott auf die Idee gekommen sein, einen Literatenclub zu gründen. Ihr neues Vorhaben stieß 1921 in der Londoner Literaturszene sofort auf Begeisterung. Hören Sie hier einen Bericht zur Geschichte des Autorenverbandes (AUDIO).

Ein Informationsblatt wird am 26. April 2017 vor die Geschäftsstelle des deutschen PEN-Zentrums im Literaturhaus in Darmstadt gehalten
© picture alliance / Claus Völker/dpa
Zum 100-jährigen Bestehen der Vereinigung hat das PEN-Zentrum Deutschland einen Jubiläumsband herausgegeben. Das Buch "Für die Freiheit des Wortes" dokumentiert die PEN-Geschichte mit bisher unveröffentlichten Beiträgen, Fotos und Dokumenten.

In mehr als hundert Ländern organisiert

Die Präsidentin des deutschen PEN-Zentrums, Regula Venske, sagte: "100 Jahre PEN: Das ist ein Anlass zu feiern, aber auch ein Anlass, innezuhalten, zu gedenken und zu trauern. Wie viele tapfere Männer und Frauen haben ihr Menschenrecht mit dem Leben bezahlt, wie viele sind aktuell weltweit verfolgt und brauchen unsere Unterstützung in ihrem Kampf für die Freiheit des Wortes."
Der Autorenverband wurde den Angaben zufolge am 5. Oktober 1921 von der englischen Schriftstellerin Catherine Amy Dawson Scott in London gegründet. Während der Zeit des Nationalsozialismus war seine Unterstützung für verfolgte deutschsprachige Schriftsteller von großer Bedeutung. Heute ist der PEN in mehr als hundert Ländern organisiert.
(ahe/epd)
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