Österreichs Künstler

Unzufriedenheit und Enttäuschung

06:45 Minuten
Das Stadtkino im Künstlerhaus in Wien.
Das Stadtkino im Künstlerhaus in Wien ist wegen der Coronakrise aktuell geschlossen. © imago images/photonews.at
Martin Thomas Pesl im Gespräch mit Gabi Wuttke · 15.05.2020
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Nach großer Kritik ist Österreichs Kulturstaatssekretärin Ulrike Lunacek zurückgetreten. Die Kultur sei im Zusammenhang mit den Coronamaßnahmen immer hintangestellt worden, kritisiert der Wiener Journalist Martin Pesl.
Es ist der erste Rücktritt in der noch jungen österreichischen Koalition: Nach massiver Kritik aus der Kunst- und Kulturszene ist Kulturstaatssekretärin Ulrike Lunacek zurückgetreten.

Zu wenig Hilfen für Kulturschaffende

Ihr sei es nicht gelungen, das Vertrauen der Branche zu gewinnen. Stattdessen seien Unzufriedenheit und Enttäuschung gewachsen, erklärt der Journalist Martin Thomas Pesl.
"In Deutschland war man wesentlich schneller darin, den Kunst- und Kulturschaffenden möglichst unkomplizierte Hilfen zu versprechen und ihnen das Gefühl zu geben, dass sie wichtig sind, dass man ihre Probleme versteht", erklärt er. "In Österreich hingegen ist die Kultur immer hinten angestellt worden im Zusammenhang mit den Coronamaßnahmen."
Ulrike Lunacek
Die österreichische Kulturstaatssekretärin Ulrike Lunacek ist zurückgetreten.© imago images/Eibner Europa
Lunacek war angekreidet worden, dass die Kulturszene weiter auf klare Konzepte zum Neustart in der Coronakrise warten musste.
"Mitte April gab es eine Pressekonferenz des Kulturministers Kogler und der Staatssekretärin Lunacek, da sollten Lockerungen verkündet werden, stattdessen wurde aber erklärt, man dürfe etwas veranstalten und auch proben, aber es müssten 20 Quadratmeter um jede Person frei bleiben – auf der Bühne und im Publikum", so Pesl. "Das sind natürlich alles nicht umsetzbare Forderungen und es entstand der Eindruck, die Politik wolle die lästigen Künstler, die sich ja einfach nur verwirklichen wollen, zufriedenstellen."

Zu wenig Ahnung vom Kulturbetrieb

Lunacek sei zwar eine verdiente Europapolitikerin gewesen, habe allerdings keinen Kulturbezug gehabt. Das sei in der Krise besonders deutlich geworden und habe zu Problemen geführt. Der Bund sei bisher nicht "großzügig" gegenüber Kulturschaffenden gewesen, so Pesl. Das sei nicht Lunaceks Schuld gewesen, ihr fehlte allerdings die Durchsetzungskraft. "Da braucht es einfach eine Person, die mit den richtigen Argumenten zu überzeugen weiß", so Pesl.
Eine Nachfolgerin für Lunacek soll nach den Worten von Vizekanzler und Grünen-Chef Werner Kogler Anfang kommender Woche vorgestellt werden.

Österreich lockert Kulturbetrieb stufenweise

Kunst- und Kulturveranstaltungen in Österreich dürfen stufenweise ab Ende Mai wieder stattfinden. Dank des Erfolgs bei der Eindämmung des Coronavirus würden Veranstaltungen mit bis zu 100 Personen ab 29. Mai wieder möglich.
Ab 1. Juli dürfe die Größe der Veranstaltungen 250 Personen betragen. Zu diesem Zeitpunkt könnten auch die Kinos wieder öffnen. Für die Kulturschaffenden gäbe es allerdings derzeit noch viele offene Fragen. "Der ganz große Jubel" sei bisher in der Kulturszene ausgeblieben, sagt Pesl.
(nho)
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