Öffentlich-rechtlicher Rundfunk in Großbritannien

Die Lords sind BBC-Fans

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Eine Flagge von Großbritanien weht vor dem Schriftzug des Senders BBC
Bis 2027 ist die BBC gebührenfinanziert, aber ab 2022 ist die Höhe ungewiss. © picture alliance /Alex Mcnaughton/Sputnik/dpa
Von Friedbert Meurer · 05.03.2020
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In Großbritanien steht der öffentlich-rechtliche Rundfunk unter Beschuss. Premier Boris Johnson hat Sympathie für die Forderung, die Rundfunkgebühr abzuschaffen. Bei einer Debatte im Oberhaus zeigte sich aber, dass die BBC dort viel Unterstützung genießt.
Wenn die British Broadcasting Corporation BBC Freunde sucht, dann sind sie im Oberhaus zu finden, und zwar gleich scharenweise. Eloge auf Eloge folgte für "Auntie", die gute alte Tante BBC. Detta O’Cathain war eine der ersten, die sich von den roten Ledersitzen erhob. Sie war unter anderem Direktorin von "British Airways" und berichtete, wie wertvoll der Auslandsdienst der BBC sei. "Der BBC World Service ist eines der effektivsten Instrumente öffentlicher Diplomatie für unser Land. Er strahlt in Gegenden aus, die sonst niemand erreicht", so O’Cathain.
Andere rechneten vor, dass die Rundfunkgebühr keineswegs unverhältnismäßig hoch sei: etwa 15 Euro pro Monat, vier Euro weniger als in Deutschland. Wer Netflix abonniere, bekomme nur Filme und zahle alleine dafür immerhin zehn Euro.

Mehr als 30-Sekunden-Clips

Margaret Jay ist eine ehemalige Journalistin der BBC und machte sich natürlich auch für ihren alten Arbeitgeber stark: "Ich komme gerade aus den USA zurück. Es ist leicht zu sehen, wie sehr dort alles auf Kommerzialisierung ausgerichtet ist. Die Berichterstattung über den Corona-Virus sieht dort so aus: 30-Sekunden-Clips, alles laufend von Werbung unterbrochen. Das zeigt die Vorteile unseres öffentlichen Rundfunksystems."
Die Konservativen meldeten sich heute nur sehr zaghaft zu Wort im Oberhaus. Das liegt nicht nur daran, dass sie im House of Lords nicht die Mehrheit haben. Manchem sind offensichtlich die gezielt gestreuten Gerüchte doch etwas zu viel, wonach Premierminister Boris Johnson die Axt an die BBC anlegen will. Sprich: Die Rundfunkgebühr ganz abschaffen will.
Das hörte sich heute bei der Staatssekretärin im Kultusministerium, Diana Barran, ganz anders an. Sie gab eher eine unerwartete Liebeserklärung der Regierung an die BBC ab: "Ich wiederhole, was der Premierminister kürzlich gesagt hat: Die BBC ist eine britische Institution, die wir wertschätzen und worauf wir sehr stolz sind."

Zehn Oscars und ein weißer Elefant

Nicht alle wollen im House of Lords den Liebesschwüren trauen. David Puttnam sitzt für Labour auf den roten Bänken. Er ist ein erfolgreicher britischer Filmproduzent, dessen Filme insgesamt zehn Oscars bekommen haben, etwa Killing Fields, der in Kambodscha spielte. "Hier steht ein weißer Elefant im Raum. Die Staatssekretärin sagt, sie hätten die BBC lieb. Das kann nicht sein. Das passt überhaupt nicht dazu, was so aus Number 10 zu hören ist", sagt Puttnam.
"Number 10", Nummer 10, meint den Amtssitz von Boris Johnson, der im Wahlkampf sehr wohl mit Überlegungen gespielt hatte, die Rundfunkgebühren abzuschaffen. Jetzt gelten sie weiter bis 2027, wobei ab 2022 die Höhe ungewiss ist. Und darüber hinaus gab es auch heute keine Garantieerklärung durch die Staatssekretärin.
Peter Lilley, ein konservativer Abgeordneter im Oberhaus, war es dann, der die vielen Nettigkeiten zwischen BBC und House of Lords nicht mehr ertragen konnte: "Es ist merkwürdig, die BBC legt so viel Wert auf Diversität der Ethnien und der sexuellen Identität. Aber sie schert sich nicht um die Vielfalt der Meinungen. Niemand redet hier darüber, dass es bei der BBC nur eine Denkrichtung gibt, bei den Themen Einwanderung, Klimawandel und Europa. Andere Ansichten dürfen in der BBC nicht geäußert werden."

Macht Johnson die BBC platt?

Das Oberhaus aber steht jedenfalls hinter der BBC, von wenigen Ausnahmen abgesehen, wenn die Zukunft der Anstalt verhandelt wird. Mit John Birt sitzt außerdem ein ehemaliger BBC-Generaldirektor im House of Lords. Er setzt, ganz britisch, darauf, dass es im Endeffekt darauf ankommt, aus welcher Familie jemand kommt.
"Ich glaube nicht einen Moment lang, dass unser neuer Premierminister die BBC plattmachen will. Er ist der Spross einer gebildeten, liberalen und dem Gemeinwohl verpflichteten Familie. Er wird das 100-jährige Jubiläum der BBC nicht damit feiern, dass er sie zerschlägt", meint Birt.
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