Obergrenzen für Flüchtlinge

"Gefahr für europäisches Rechtsgefüge"

Flüchtlinge überqueren die deutsch-österreichische Grenze
Österreich will eine Obergrenze für Flüchtlinge. Das Foto zeigt Menschen an der Grenze zwischen Österreich und Bayern. © dpa/picture-alliance/ Sebastian Kahnert
Joachim Wieland im Gespräch mit Marianne Allweiss und Christopher Ricke · 21.01.2016
Österreich setzt auf Obergrenzen für Flüchtlinge. Das jedoch widerspricht geltendem europäischem Recht. Denn jeder, der die Grenzen eines EU-Landes erreicht hat, hat dort Anspruch auf Prüfung seines Asylantrags, sagt der Jurist Joachim Wieland.
Österreich verstößt gegen europäisches Recht, wenn es Obergrenzen für Flüchtlinge festlegt. Zu diesem Schluss kommt der Rechtswissenschaftler Joachim Wieland.
"Das europäische Asylrecht gibt jedem Asylbewerber, der es bis an die Grenze eines Mitgliedstaates geschafft hat, das Recht darauf, dass sein Antrag geprüft wird. Er darf nicht ohne Prüfung zurückgewiesen werden", sagte Wieland im Deutschlandradio. "Man kann sich Österreichs Reaktion eigentlich nur als reine Notmaßnahme erklären: Man hat das Gefühlt, man wird überrollt und möchte sich deshalb von dieser rechtlichen Verpflichtung lösen." Doch diese Verpflichtung sei eindeutig.
Keine Gleichheit im Unrecht
Wieland, der Professor an der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften ist, sieht in diesen Verstoß gegen europäisches Recht eine große Gefahr für Europa: In dem Augenblick, in dem ein Großteil der Staaten sich nicht mehr an das Recht halte, gerate das gesamte Rechtsgefüge ins Wanken.
In Deutschland werde durch die Obergrenzenregelung in Österreich die Diskussion um eine ähnliche Regelung angeheizt, wie das Beispiel Bayern zeige. Aber: "Es gibt bei Juristen den Satz: Keine Gleichheit im Unrecht." Nur weil ein Land gegen geltendes Recht verstoße, sei dies kein Freibrief für andere, es ebenso zu tun.
Gerade für Deutschland als Wirtschaftsnation mit großer Stärke sei es fatal, geltendes Recht nicht einzuhalten: Das Land sei für seine stabilen Wirtschaftskontakte sehr auf offene Grenzen angewiesen. Die Wirtschaftsverbände hätten schon davor gewarnt.
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