NSU-Hörstück am Schauspiel Köln

Erinnern an den Nagelbomben-Anschlag

08:26 Minuten
Teilnehmer einer Schweigeminute erinnern 2019 mit Plakaten auf der Kölner Keupstrasse am 15. Jahrestag an den NSU-Nagelbombenanschlag, bei dem dort 22 Menschen verletzt wurden, vier davon schwer. Am 9. Juni 2004 hatten
Jedes Jahr erinnern Kölner an den Anschlag in der Keupstraße, wie hier 2019. © picture-alliance/dpa/Roberto Pfeil
Nuran David Calis im Gespräch mit Liane von Billerbeck  · 09.06.2020
Audio herunterladen
Ein Hörstück erinnert an den Nagelbomben-Angriff des NSU 2004 in der Kölner Keupstraße. Regisseur Nuran David Calis lässt darin Anwohner und Opfer zu Wort kommen, die immer noch auf ein Mahnmal warten und mit ihrem Leid alleine geblieben sind.
Vor 16 Jahren explodierte in der Kölner Keupstraße eine Nagelbombe des "Nationalsozialistischen Untergrunds" (NSU) vor einem Friseursalon und verletzte 22 Menschen, vier davon schwer. Der Regisseur Nuran David Calis hat schon einmal mit Anwohnern und Schauspielern das Theaterstück "Die Lücke" entwickelt, das sich mit den Ereignissen vom 9. Juni 2004 und dessen Folgen auseinandersetzt.
Jetzt war eigentlich eine Neubearbeitung der Inszenierung geplant. Wegen der Coronapandemie ist daraus das Hörstück "Lücke 2.0" geworden, welches auf der Webseite des Kölner Schauspiels angehört werden kann.

Hoffnung auf ein Mahnmal

Nach dem NSU-Urteil sei ein "Riesenkrater" übrig geblieben, sagt Calis. Das Münchner Gericht habe zwar Recht gesprochen, aber die Opfer und Leidtragenden hätten keine Gerechtigkeit erfahren. Die Urteilsbegründung habe zwar 3000 Seiten umfasst, aber sei nicht auf deren Biografien eingegangen.
Mit dem Gerichtsurteil seien alle Fragen nach der Rolle der Sicherheitsbehörden offengeblieben, kritisiert Calis. "Deshalb sind die Opfer und Angehörigen in der Keupstraße extrem verstört." So sei der Gedanke entstanden, noch mal eine zweite Auflage dieses Theaterstücks zu starten. Darin kommen die Verzweiflung und Hilflosigkeit der Anwohner zum Ausdruck.
Das Hörstück erinnert auch daran, dass bis heute in Köln die Debatte darüber läuft, ob es ein Mahnmal in der Keupstraße geben sollte. "Das zieht sich jetzt schon seit mehreren Jahren hin", sagt Calis. Es sei eine "gesellschaftliche Katastrophe", das es bis heute kein Mahnmal gebe. Solche Erinnerungsorte seien wichtig, um auch künftigen Generationen vor Augen zu zeigen, was in ihrer Stadt geschehen sei.
(gem)


Mehr zum Thema