"NSU 2.0" in Hessen?

Rechtsextremes Netzwerk in der Frankfurter Polizei

Rückenansicht eines Polizeibeamten. Im Vordergreund ist die Aufschrift "Polizei" zu erkennen.
Die Ermittler prüfen inzwischen, ob weitere Beamte zu dem rechtsextremen Netzwerk in der Frankfurter Polizei gehören © imago / cdn / Deutzmann
Von Ludger Fittkau · 17.12.2018
Fünf Polizisten aus Frankfurt am Main sollen rechtsradikales Gedankengut im Internet verbreitet haben. Am Wochenende wurde bekannt, dass die Ermittlungen gegen diese Polizisten möglicherweise im Zusammenhang mit dem NSU-Prozess stehen.
Sie sollen im Internet Hitlerbilder und Hakenkreuze verbreitet haben. Über Behinderte und Ausländer sollen sie menschenverachtend geschrieben haben. Fünf Polizisten aus Frankfurt am Main, vier Männer und eine Frau. Deswegen sind sie vom Dienst suspendiert, gegen sie wird wegen Volksverhetzung ermittelt.
Am Wochenende nun wurde bekannt: Die Ermittlungen gegen die fünf Frankfurter Polizisten stehen möglicherweise auch im Zusammenhang mit dem Münchner NSU-Prozess. Das legen Recherchen der Tageszeitung "Frankfurter Neue Presse" nahe.
Eine Frankfurter Anwältin türkischer Herkunft hatte beim Münchener Prozess gegen den sogenannten Nationalsozialisten Untergrund – kurz NSU - eines der Opfer vertreten, das aus Hessen stammt. Unterzeichnet mit "NSU 2.0" hatte die Anwältin laut "Frankfurter Neue Presse" im zeitlichen Zusammenhang mit dem Münchener Prozess per Fax anonyme Drohbriefe bekommen, in denen auch ihre zweijährige Tochter mit dem Tod bedroht wurden war.
Es besteht nun der Verdacht, dass die Frankfurter Polizisten, die im Internet rechtsradikales Gedankengut verbreitet haben sollen, auch den Drohbrief geschrieben haben könnten. Denn auf dem Computer der Polizeiwache, in denen die fünf Beamten in Frankfurt am Main bis zu ihrer Suspendierung Dienst taten, seien die Melderegisterdaten der Anwältin abgerufen worden, ohne dass dies einen dienstlichen Hintergrund hatte. Dies berichtet die "Frankfurter Neue Presse" am Wochenende.

Frankfurter Polizei und rechtsextremes Netzwerk

Polizei und Staatsanwaltschaft in Frankfurt am Main nahmen zunächst zu diesem Pressebericht keine Stellung- auch aus "ermittlungstaktischen Gründen", war zu hören. Bereits vor anderthalb Wochen hatten Ermittler gegenüber der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" angedeutet, dass es sich bei den Drohungen gegen die Strafverteidigerin - so wörtlich - "um ein äußerst sensibles Verfahren mit möglicherweise größerer Dimension handelt, so die Zeitung in ihrer jüngsten Ausgabe.
Die Ermittler prüfen nun, ob weitere Beamte zu dem rechtsextremen Netzwerk in der Frankfurter Polizei gehören. Frankfurts Polizeipräsident Gerhard Bereswill kündigt einen "harten Kurs" gegen Beamte seiner Behörde an, die nicht auf dem Boden der Verfassung stünden. Die Polizei brauche das uneingeschränkte Vertrauen der Bevölkerung, so Bereswill. Auch Ernst Walter, der Vorsitzende der Bundespolizeigewerkschaft, spricht von einem "wirklich schlimmen Fall".

Sondersitzung veranlasst

Auf Antrag der Linksfraktion im hessischen Landtag wird am kommenden Mittwoch der Innenausschuss des Landesparlaments zu einer Sondersitzung zusammentreten, um sich über den Fall zu informieren. Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU) wird dann unter anderem die Frage beantworten müssen, ob es Hinweise gibt, dass die Frankfurter Polizisten auch Kontakte zu Neonazis außerhalb der Polizei gehabt haben. Außerdem wollen die Abgeordneten wissen, ob der hessischen Landesregierung "bei weiteren hessischen Polizeibeamtinnen oder -beamten ähnliche Vorwürfe oder Anschuldigungen bekannt" sind.
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