NRW-Projekt "Jedem Kind ein Instrument"

"Die Interessen der Kinder voranstellen"

Naomi (l) und Joyce probieren am Dienstag (26.08.2008) ihre neuen Geigen aus, die der Bundespräsident zuvor an Grundschüler der Martin-Luther-Grundschule im Rahmen der Initiative «Jedem Kind ein Instrument» in Gelsenkirchen übergab.
Geige lernen! Durch "Jedem Kind ein Instrument" sind viele Tausend Schülerinnen und Schüler mit Musik in Berührung gekommen. © Rolf Vennenbernd
Christian Höppner im Gespräch mit Mathias Mauersberger · 15.06.2017
Mit "Jedem Kind ein Instrument" hat Nordrhein-Westfalen den anderen Bundesländern gezeigt, wie musikalische Förderung geht. Doch das Programm ist reformiert worden - auf eine Weise, die dem Deutschen Musikrat überhaupt nicht gefällt.
Eine Geige kostet ab hundert Euro aufwärts, ein Cello etwa 200 Euro, ein elektronisches Klavier mindestens 800 Euro. Weil sich das nicht jede Familie für ihr Kind leisten kann, der Wunsch ein Instrument zu lernen aber da ist und auch als sinnvoll für die Allgemeinbildung angesehen wird, förderte das Land Nordrhein-Westfalen zehn Jahre lang mit Erfolg und viel Resonanz das Projekt "Jedem Kind ein Instrument".
Inzwischen ist das Konzept allerdings verändert worden: Aus "JeKi" wurde "JeKits" – "Jedem Kind Instrumente, Tanzen, Singen". Seitdem gibt es zwei weitere Schwerpunkte, aber nicht mehr Geld. Die Teilnehmerzahl verdreifachte sich zugleich. Die Förderung durch das Land wurde von vier auf zwei Jahre verkürzt. Danach sollen dann die Kommunen übernehmen.

"Mit der Haushaltslage nicht zu erklären"

Christian Höppner, Generalsekretär des Deutschen Musikrates, kritisiert dies deutlich. Im Deutschlandfunk Kultur sagte er, es sei ein "Unding", dass nun im Zuge der Reform den Kommunen mehr Verantwortung für das Projekt übertragen werde - diese trügen im Kulturbereich ohnehin bereits die Hauptlast. Dies sei ein Ansatz, der in die Sackgasse führe, betonte er.
Höppner bezweifelt zudem, dass sozial schwächere Familien künftig ihre Kinder im Projekt belassen können, wenn die Förderung durch das Land nach zwei Jahren ausläuft und klamme Kommunen möglicherweise kein Geld zuschießen können.

Musikalische Bildung sollte selbstverständlich sein

In der viertreichsten Industrienation der Welt sei das ein Skandal, sagte er - und mit der Haushaltslage in Nordrhein-Westfalen nicht zu erklären: "Deshalb die Hoffnung und auch der Appell an die neue Landesregierung, hier wirklich durchgreifende Verbesserungen zu machen."
Man müsse die Interessen der Kinder voranstellen, forderte Höppner - und "endlich dazu kommen, dass die musikalische Bildung selbstverständlicher Teil der Schule ist". (ahe)
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