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Fußball-Wettskandal
Für Davor Suker wird es ungemütlich

Nach Bekanntwerden der Kontakte von Davor Suker zum Wettbetrüger Ante Sapina, hat die UEFA offenbar eine Disziplinaruntersuchung gegen den kroatischen Fußballpräsidenten eingeleitet. Die Luft für den einstigen WM-Helden wird dünner.

Von Benjamin Best | 27.06.2015
    Bei der WM 1998 wurde Davor Suker Torschützenkönig.
    Bei der WM 1998 wurde Davor Suker Torschützenkönig. (picture alliance/dpa/Omar_Torres)
    Die ARD-Recherchen über das UEFA-Exekutivmitglied Davor Suker scheinen im europäischen Fußballverband jetzt doch für große Unruhe zu sorgen. Die UEFA schrieb dem Deutschlandfunk heute, sie stelle keine Details von Disziplinaruntersuchungen zur Verfügung. Eine Aussage, die man so verstehen kann, dass inzwischen ein Verfahren gegen Davor Suker eröffnet worden ist.
    Weltstar, WM-Torschützenkönig, Topfunktionär. Doch offenbar war dieser Davor Suker auch Strohmann für den verurteilten Wettbetrüger Ante Sapina. Dem Deutschlandfunk liegen die damaligen Ermittlungsunterlagen der Bochumer Staatsanwaltschaft gegen den mittlerweile verurteilten Wettbetrüger Ante Sapina vor, und die zeigen: Es gab engen Kontakt zwischen Suker und Sapina. Dokumentiert durch zahlreiche abgehörte Telefonate und SMS-Verkehr.
    Wetten auf drei Partien
    Die Ermittler schreiben:
    "Ferner ist zu erkennen, dass die Bande um (...) Sapina auch Kontakte zu Davor Suker unterhält und dieser von Sapina als Strohmann zur Platzierung von Wetten genutzt wird."
    Nach Ansicht der Behörden sollte Davor Suker für Sapina auf mindestens drei Partien Wetten platzieren. Dabei handelte es sich offenbar um ein Champions League- und zwei Europa League- Spiele. Außerdem gab der kroatische Wettbetrüger seinem Landsmann den Tipp auf ein weiteres Spiel, das manipuliert werden sollte, zu wetten ebenfalls ein Europa League-Spiel - die Ermittlungsergebnisse damals:
    "Sapina informierte (...) Davor Suker und gab ihm den Hinweis, er solle auf die Partie Siroki setzen."
    Wie eng das Verhältnis der beiden Kroaten war, zeigt eine spontane Verabredung der beiden auf einer Autobahnraststätte. Suker war auf dem Weg nach Frankfurt. Sapina war in Nürnberg.
    Selbst die erfahrenen Ermittler der Bochumer Polizei und Staatsanwaltschaft waren erstaunt, dass sich - Zitat "auch die Größen des Spitzensports" an illegalen Wetten beteiligen. Laut Unterlagen soll Davor Suker generell in der internationalen Wettszene einen festen Platz haben. So sollte Suker für Ante Sapina bei einem britischen Buchmacher vermitteln, da dieser sich weigerte Sapina Wettgewinne in Höhe von 400.000 Euro auszuzahlen.
    Dazu heißt es in einem polizeilichen Auswertungsbericht.
    "Unter anderem beabsichtigen Suker und Sapina sich mit einem hochrangigen Vertreter (...) zu treffen."
    Suker reagiert nur einsilbig
    Die Vorgänge und Ermittlungen beziehen sich alle auf das Jahr 2009. Zu diesem Zeitpunkt bekleidete Davor Suker keine offizielle Funktion im Fußball. Im Bochumer Verfahren wurde er weder als Beschuldigter geführt, noch als Zeuge vorgeladen. Suker reagierte einsilbig auf Nachfragen zu seinen früheren Kontakten zu Sapina: "Alles nicht wahr" ‚ ließ er über einen Sprecher ausrichten.
    In Kroatien beherrscht das Thema seit zwei Tagen die Medien. Keine Nachrichtensendung ohne eine Meldung zu den Vorwürfen gegen Davor Suker. Der Betroffene selbst gibt es keine weitere Stellungnahme ab. Kein gutes Krisenmanagement werfen ihm die Journalisten vor. Als Verbandspräsident ist er alles andere als unumstritten - ganz im Gegenteil. Ende vergangenen Jahres gingen über 20.000 Menschen in Split auf die Straßen und demonstrierten gegen Unregelmäßigkeiten im kroatischen Fußball. Suker wurde zum Rücktritt aufgefordert. Drazan Kruselj kroatischer Sportjournalist verfolgt die Karriere des ehemaligen Torjägers seit Jahren.
    "Die Leute vertrauen ihm nicht. Suker hatte keinerlei Erfahrung als Funktionär bevor er Präsident des kroatischen Verbandes wurde. Er hat weder bei einem Verein, noch bei einem Verband gearbeitet. Vor drei Jahren wurde er dann plötzlich Präsident. In dieser Zeit hat er nichts Gutes für den kroatischen Fußball getan. Er wird keine Integrität in unseren Fußball bringen."
    Der UEFA waren Sukers dubiose Kontakte bekannt
    Im März dieses Jahres wurde Davor Suker in das UEFA-Exekutivkomitee gewählt. Dem europäischen Verband waren Sukers Kontakte zur Bande um Ante Sapina bekannt. Auf Nachfrage vom Freitag, gab die UEFA an, selbst in Besitz der Ermittlungsakten und in voller Kenntnis über deren Inhalte zu sein. Demnach auch über die Hinweise zu Sukers Kontakten.
    Dass der Kroate dennoch einen der höchsten Posten im europäischen Fußball bekleidet – für die UEFA offenbar kein Problem. Das jetzt eine mögliche Untersuchung läuft - für Sylvia Schenk von Transparency International längst überfällig. "Zumindest kann die UEFA das nicht so im Raum stehen lassen, weil das ja dann doch sehr grundlegende Fakten sind, die auf dem Tisch liegen, mit denen sie sich auseinandersetzen muss. Und deshalb muss die UEFA den Herrn Suker auffordern das entweder auszuräumen oder die UEFA muss Konsequenzen ziehen."
    In der Vergangenheit hatte UEFA-Präsident Platini immer wieder von einer Null-Toleranz Politik gegenüber Spielmanipulation und Verstößen gegen die Integrität gesprochen. Unter seiner Führung wurden zahlreiche Sperren gegen Mannschaften, Profis, Schiedsrichter und Funktionäre ausgesprochen. Teilweise auch ohne strafrechtliches Verfahren. Das absurde am Fall Suker: Gerade hier verweist die UEFA darauf, dass es ja kein strafrechtliches Urteil gäbe und begründet so, dass keine Untersuchung oder Sperre gegen den kroatischen Top-Funktionär bis jetzt durchgeführt wurde.
    "Platini muss in seinem eigenen Laden kehren"
    Für Öczan Mutlu, Sprecher für Sport- und Bildungspolitik der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen und Mitglied im Sportausschuss ein untragbarer Zustand: "In einer Zeit, wo wir über Korruption bei der FIFA, Schiebungen, Geldwäsche und Korruption im Weltfussballverband reden, muss der europäische Kontinentalverband deutlich machen, wo er steht. Es reicht einfach nicht aus, dass Herr Platini hin und wieder mal in der Presse sich äußert, sondern er muss in seinem eigenen Laden auch kehren und muss auch für Sauberkeit sorgen. Und wenn ein Mitglied des Exekutivkomitees der UEFA derart in Verdacht ist kann man nicht einfach zur Tagesordnung übergehen.
    Bis jetzt ist die UEFA immer im Windschatten der skandalumgebenen FIFA gefahren. Dabei gibt es auch im europäischen Kontinentalverband genügend Aufklärungsarbeit zu leisten: Ein UEFA-Präsident Platini, der durch seine Katar Allianzen ebenfalls kein ethisch-moralisches Bewusstsein hat, ein Exekutivmitglied mit Bezug zu Wettbetrügern. Die Null-Toleranz-Politik endet bei der UEFA offenbar bei den eigenen Funktionären. Montag tagt das UEFA-Exekutivkomitee in Prag. Der Fall Davor Suker muss dort Thema sein. Wenn nicht, verliert die UEFA massiv an Glaubwürdigkeit.