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Einschätzung des Weltklimarats
Ist das 1,5-Grad-Ziel noch erreichbar?

Medienberichten zufolge hält der Weltklimarat IPCC die Begrenzung der Erderwärmung auf weniger als 1,5 Grad für unrealistisch. Der Pariser Klimagipfel hatte dieses Ziel im Weltklimaabkommen im Jahr 2015 formuliert. Was hängt von dieser Zahl ab? Und ist es tatsächlich schon zu spät?

Von Georg Ehring | 15.01.2018
    Das Kraftwerk Niederaußem von der RWE Power
    Die Autoren des IPCC-Berichts sprechen sich vor allem für eine schnelle Einführung erneuerbarer Energien und den völligen Verzicht auf Kohle und Öl bei der Stromerzeugung bis zum Jahr 2050 aus. (imago / Future Image)
    Im Weltklimaabkommen heißt es, die Erderwärmung solle auf deutlich unter zwei Grad, wenn möglich sogar unter 1,5 Grad begrenzt werden. Der Klimagipfel in Paris bat den IPCC, das UN-Gremium zur wissenschaftlichen Erforschung des Klimawandels, um einen Sonderbericht über die Frage, ob das überhaupt noch möglich ist.
    Warum halten die Wissenschaftler das 1,5-Grad-Ziel für praktisch nicht mehr machbar?
    Dazu sind schon zu viele klimaschädliche Treibhausgase in die Atmosphäre geblasen worden. Der Weltklimarat IPCC arbeitet derzeit an einem Sonderbericht darüber, ob und wenn ja wie dieses Ziel noch zu erreichen wäre. Mehrere Medien berichten jetzt über den Entwurf einer Zusammenfassung dieses Berichts. Schon heute liegen die weltweiten Durchschnittstemperaturen um 1 bis 1,2 Grad über dem vorindustriellen Niveau und in jedem Jahrzehnt kommen 0,1 bis 0,2 Grad dazu – Tendenz steigend. Inzwischen wird jedes Jahr so viel CO2 ausgestoßen, dass das Budget selbst für eine Begrenzung des Temperaturanstiegs unter 2 Grad in etwa 15 Jahren aufgebraucht sein dürfte.
    1,5 oder 2 Grad Erwärmung – ist das so ein großer Unterschied?
    Ja, das liegt vor allem daran, dass bei einem stärkeren Temperaturanstieg Kipp-Punkte im Weltklima erreicht werden könnten, die unabsehbare Folgen nach sich ziehen würden. Besonders empfindlich sind die Korallenriffe, viele von ihnen werden vermutlich schon bei weniger als 1,5 Grad absterben. Bei einer stärkeren Temperaturerhöhung könnte der Eisschild auf Grönland unaufhaltsam abzuschmelzen beginnen und auch das Eis in der westlichen Antarktis ins Rutschen geraten. Ein erheblich stärkerer Anstieg des Meeresspiegels wäre die Folge. Auch Hitzewellen, Dürren und viele Unwetter würden bei einer größeren Erderwärmung wohl deutlich stärker ausfallen. Die Ernährungsunsicherheit in vielen Weltregionen würde größer, wenn Regenzeiten ausbleiben oder unregelmäßig werden. Viele Tier- und Pflanzenarten würden aussterben, wenn sie sich nicht an die Temperaturerhöhung anpassen können.
    Gibt es doch noch einen Ausweg?
    Der Bericht des Weltklimarats verweist auf die Möglichkeit, Kohlendioxid wieder aus der Atmosphäre zu entfernen. Dies könnte etwa dadurch geschehen, dass in großem Umfang Wälder aufgeforstet werden. CO2 aus der Verbrennung von Biomasse könnte in tiefen geologischen Formationen gelagert werden, das Ergebnis wäre weniger Treibhausgas in der Atmosphäre. Aufwand und Platzbedarf für solche Lösungen wären allerdings gewaltig, die Produktion von Nahrung würde darunter leiden. Deshalb erscheint es zweifelhaft, dass dies in größerem Umfang geschieht. Die Autoren des Berichts sprechen sich deshalb vor allem für eine schnelle Einführung erneuerbarer Energien und den völligen Verzicht auf Kohle und Öl bei der Stromerzeugung bis zum Jahr 2050 aus.