Niedriglohnsektor

Die Flüchtlinge und der Arbeitsmarkt

Hasma Olabi (l-r) aus Afghanistan, Nebai Kahsai Hable aus Eritrea und Abduk Samad Najm aus Syrien sitzen am 04.08.2015 vor einem Schild der Arbeitsagentur für Arbeit in Hannover (Niedersachsen).
Hasma Olabi aus Afghanistan, Nebai Kahsai Hable aus Eritrea und Abduk Samad Najm aus Syrien sitzen vor einem Schild der Arbeitsagentur für Arbeit in Hannover; Aufnahme vom Mai 2015 © dpa / picture-alliance / Susann Prautsch
Von Frank Capellan · 25.12.2015
Immer wieder kommt das Thema auf die Tagesordnung, auch in Interviews zum Weihnachtsfest. Muss es künftig Ausnahmen beim Mindestlohn geben, um den vielen Flüchtlingen den Zugang zum Arbeitsmarkt zu erleichtern?
Eigentlich ist das eine politische Diskussion, an der ich mich nicht beteiligen möchte, meint Frank-Jürgen Weise, Chef der Bundesagentur für Arbeit gegenüber der Deutschen Presseagentur, aber er macht das dann doch: Flüchtlinge sollen wie andere beschäftigte den gesetzlichen Lohn von 8,50 die Stunde bekommen. Daran darf nicht gerüttelt werden, meint Weise, der zugleich auch Leiter des Bundesamtes für Migration ist. Ich möchte die Neuankömmlinge schnell dahin bringen, dass sie so viel leisten, dass sie den Lohn auch verdienen, betont Weise.
Bloß nicht Flüchtlingen und einheimische Arbeitnehmer gegeneinander ausspielen, warnt auch der Präsident des Instituts für Wirtschaftsforschung in Halle, Reint Gropp. "Das wird zu neuen Konflikten führen!" Der Kölner Soziologe Christoph Butterwegge sieht ohnehin schon jetzt die Gefahr, dass Armut in Deutschland durch die Zuwanderung zu einem immer größeren Problem werden könnte.
"Ich fürchte schon, dass durch die Flüchtlinge sich die Armut verstärken wird. Es besteht sogar die Gefahr, dass es zu einer dauerhaften ethnischen Unterschichtung unserer Gesellschaft kommt, besonders dann, wenn der Sozialstaat weiter abgebaut wird, und wenn nicht dafür gesorgt wird, dass Ghettoisierung zum Beispiel von Flüchtlingen vermieden wird."
Forderungen nach zweierlei Lohn aus der Wirtschaft
Zweierlei Lohn für Flüchtlinge und deutsche Geringverdiener? Aus der Wirtschaft kommen weiter entsprechende Forderungen. Eric Schweitzer, Präsident des Deutschen Industrie und Handelskammertages, möchte Flüchtlinge zumindest so behandeln wie Langzeitarbeitslose, bei denen der Mindestlohn für eine gewisse Zeit nicht gilt. Trotz der gewaltigen Herausforderung: Sozialwissenschaftler Butterwegge bekräftigt im Deutschlandfunk, dass er in der Zuwanderung eine Chance für unsere Gesellschaft sieht:
"Nur man muss natürlich dann viel Geld in die Hand nehmen, um die Flüchtlinge nicht nur aufzunehmen und zu versorgen, sondern sie auch in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Es muss insgesamt dafür gesorgt werden, dass mehr für Soziales ausgegeben wird."
Auch Bundespräsident Joachim Gauck widmet sich in seiner diesjährigen Weihnachtsansprache vor allem dem Flüchtlingsthema. Gauck spricht vom freundlichen Gesicht Deutschlands, das sich durch die vielen ehrenamtlichen Helfer gezeigt hat, versucht aber zugleich eine Brücke zu bauen zu denjenigen, die Sorge haben, dass Deutschland mit der Integration überfordert sein könnte.
"Der Meinungsstreit ist keine Störung des Zusammenlebens, sondern Teil der Demokratie. Lassen Sie uns einen Weg beschreiten heraus aus falschen Polarisierungen!"
Es muss darum gehen Lösungen zu finden, die den sozialen Zusammenhalt nicht gefährden, Lösungen, die das Wohlergehen der eigenen Bürger berücksichtigen, aber nicht die Not der Flüchtlinge vergessen, erklärt der Bundespräsident und warnt zugleich:
"Gewalt und Hass sind kein legitimes Mittel der Auseinandersetzung. Brandstiftung und Angriffe auf wehrlose Menschen verdienen unsere Verachtung und Bestrafung!"
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