Nicht vergeblich

10.02.2013
Gut möglich, dass dieses Konzert in der Geschichte der Berliner Philharmoniker einst einen besonderen Platz einnehmen wird: als eines der mutigsten und aufwendigsten Projekte der vergangenen Jahre. Und als erstes Konzert, das Simon Rattle in seiner Rolle als scheidender Chefdirigent des Orchesters geleitet hat.
"In vain" heißt auf Deutsch soviel wie "vergeblich". Die Umstände wollen es, dass ausgerechnet ein Werk dieses Titels den langen Abschied von Sir Simon Rattle am Pult der Berliner Philharmoniker einläutet. Am 10. Januar kündigte Sir Simon an, seinen noch fünf Jahre laufenden Vertrag als Chefdirigent nicht verlängern zu wollen. Währenddessen befand er sich schon inmitten der Vorbereitungen für dieses Konzert, das wir am 18. Januar zu nächtlicher Stunde in der Berliner Philharmonie aufgezeichnet haben.

Einziger Programmpunkt: das Stück "in vain" für 24 Instrumente, geschrieben im Jahr 2000 vom österreichischen Komponisten Georg Friedrich Haas. Über den Titel kann man lange (auch in rein musikalisch-formaler Hinsicht) nachdenken – ein äußerer Anlass für diese lakonische Benennung war damals der Protest gegen die Beteiligung der rechtspopulistischen FPÖ an der österreichischen Bundesregierung.

Doch die Musik des Steirers Georg Friedrich Haas ist viel zu poetisch, viel zu klangsinnlich, viel zu nachtschwarz, um sich mit einer tagespolitischen Rolle zu begnügen. "in vain" ist eine fulminante, gut einstündige Klangstudie, zu deren Besonderheiten die Aufführung in einem abgedunkelten, streckenweise sogar völlig unbeleuchteten Saal gehört. Die Stipendiaten der Orchester-Akademie der Berliner Philharmoniker mussten dafür ihre Stimmen in einem langen Probenprozess auswendig lernen, die Leitung der Philharmonie musste manch bürokratische und technische Hürde überwinden, um den Saal in die geforderten Lichtstimmungen bringen zu können (und vor allem: zu dürfen).

Der einhellige Jubel, der den Musikern nach dieser philharmonischen tour de force aus dem Publikum entgegenschlug, machte auch deutlich, was die Berliner Philharmoniker an Sir Simon Rattle haben. Welcher andere Dirigent vergleichbaren Ranges setzt sein Renommee nicht zuletzt für ein Projekt wie dieses ein?

Philharmonie Berlin
Aufzeichnung vom 18.01.2013

Georg Friedrich Haas
"in vain" für 24 Instrumente

Solisten der Orchester-Akademie der Berliner Philharmoniker
Leitung: Sir Simon Rattle

anschließend ca. 21:15 Uhr
Zehn Jahre in Berlin – eine Zwischenbilanz
Olaf Wilhelmer im Gespräch mit Sir Simon Rattle

nach Konzertende ca. 21:57 Uhr Nachrichten