Nicht nur süßes Leben
Zwei Hubschrauber. Einer davon trägt eine riesige Christusstatur. Die beiden Hubschrauber fliegen über die Wohnblöcke am östlichen Stadtrand Roms, Gebäude, und der Film zeigt die Nähe, die direkt bei den gigantischen Resten einer antiken Wasserleitung hochgezogen wurden.
In einem der Hubschrauber sitzt Marcello Mastroianni. Er spielt einen Journalisten. Neben ihm sitzt sein Paparazzo. Vom Hubschrauber aus schäkern sie mit attraktiven Signorine, die sich auf einer Dachterrasse am Pool sonnen.
So beginnt jener Film, der einer Ära der italienischen Nachkriegsgeschichte ihren Namen gab. "La Dolce Vita", das süße Leben: mit diesem Titel traf Federico Fellini voll ins Schwarze bei seiner Zeitgeistbeschreibung. Es war das Jahr 1960 und Italiens Hauptstadt war ganz groß "in". Liz Taylor und Lex Barker, Sofia Loren und Gina Lollobrigida, Charlton Heston und andere internationale Stars drehten und vergnügten sich in Rom.
"Tempi passati", vergangene Zeiten – vom Charme des süßen Lebens ist im verkehrschaotischen Rom nicht mehr viel geblieben. Die durch Fellinis Filmlegende berühmt gewordene Via Veneto ist heute nur noch eine x-beliebige Luxus-Shopping-Meile, nur noch ein Schatten ihrer selbst.
Anlässlich des in diesen Tagen stattfindenden römischen Filmfestivals – eine Kopie, aber weitaus kommerzieller, der venezianischen Filmbiennale – wurden verschiedenen Ausstellungen zum 50jährigen Jubiläum von Fellinis Kino-Meisterwerk organisiert. Dazu der Schauspieler Sergio Castellitto, dieses Jahr Direktor des römisches Filmfestivals:
"Ich habe immer wieder den Eindruck, wenn ich diesen Film sehe, dass er einen Traum vom süßen Leben beschreibt, denn nur eine kleine Elite lebte so. Der Film wird in diesem Jahr 50 Jahre alt. Aus diesem Anlass hat das Festival den Streifen restauriert und zeigt ihn nun in weitaus besserer Qualität, als das bisher möglich war. Die Ausstellungen sollen die höchst unterschiedlichen Facetten jener Jahre des vermeintlich süßen Lebens wiedergeben".
Im MACRO, Roms Museum für moderne Kunst, werden unter dem Titel "Labirinto Fellini" Fotografien, Bühnenbilder, Kostüme, Originalschriften und -zeichnungen des Regisseurs und vieles andere gezeigt. Eine große "Dolce-Vita-Schau", mit szenografischen Installationen von Dante Ferretti und Francesca Loschiavo – einem Bühnenbildnerpaar von internationalem Ruf, ausgezeichnet mit zwei Oscars.
Die Besucher schreiten über eine Art Bühne – wie sie in jenem legendären "Studio Cinque" in der römischen Filmstadt Cinecittà existierte, als Fellini dort mächtiger Herr im Haus war. Typisch für Fellini: Die meisten Außenszenen ließ er im Studio nachbauen. Künstliche Welten – ebenso künstlich wie die Welt seiner Dolce-Vita-Protagonisten: eine goldene Welt der Reichen und Schönen und jener Paparazzi und "giornalisti", die ein Häppchen vom Glamour einzufangen versuchten.
Für die meisten Römer – und Italiener – sah diese Zeit ganz anders. Auch das wird im Marco und in den anderen Ausstellungen wie zum Beispiel in der Bibliothek des Senats deutlich.
"Man muss das immer wieder klar machen: Fellinis Film zeigt eine ganz bestimmte Realität. Wenn die VIPs in ‘La dolce Vita’ in der Bar Doney in der Via Veneto ein Gläschen Sekt tranken, kostete das soviel wie die Angestellte hinter dem Tresen der gleichen Bar in einer Woche verdiente. Das war die Realität und das wird immer gern verschwiegen. Damals war nicht alles Glamour".
Ganz und gar nicht.
Rom, und das machen die Ausstellungen zum Jubiläum des Fellini-Meisterwerks deutlich, war eine sozial zutiefst gespaltene Metropole. Stars gaben sich die Türklinken in die Hand, es wurden Riesenproduktionen wie "Kleopatra" und "Ben Hur" gedreht und gleichzeitig beschrieb Pier Paolo Pasolini das harte Leben des römischen Proletariats und der "ragazzi di vita", der Straßen- und Strichjungen. Eine gerade wegen dieser Gegensätze ungemein reizvolle Stadt. Ein Reiz, den Fellinis "La dolce vita" wie kein anderer Film jener Zeit auf den Punkt bringt.
Wie in jener Szene, in der Marcello Mastroianni, in einen eleganten Smoking gekleidet, zusammen mit der ungemein cool wirkenden Maddalena, interpretiert von Anouk Aimée, eine Prostituierte aufgabelt. Gemeinsam fährt man in die Wohnung der Prostituierten; dort will Marcello mit Maddalena ein wenig allein sein. Der Gegensatz zwischen der schäbigen Kellerwohnung und den Palästen, in denen Fellinis Darsteller leben und feiern, kann nicht größer sein. Ein Gegensatz, der damals, in der Blütezeit der christdemokratischen Regierungspartei, der Democrazia Cristiana, alltäglich war, heute aber immer wieder gern vergessen wird, wenn das süße Leben der 60er-Jahre beschworen wird.
So beginnt jener Film, der einer Ära der italienischen Nachkriegsgeschichte ihren Namen gab. "La Dolce Vita", das süße Leben: mit diesem Titel traf Federico Fellini voll ins Schwarze bei seiner Zeitgeistbeschreibung. Es war das Jahr 1960 und Italiens Hauptstadt war ganz groß "in". Liz Taylor und Lex Barker, Sofia Loren und Gina Lollobrigida, Charlton Heston und andere internationale Stars drehten und vergnügten sich in Rom.
"Tempi passati", vergangene Zeiten – vom Charme des süßen Lebens ist im verkehrschaotischen Rom nicht mehr viel geblieben. Die durch Fellinis Filmlegende berühmt gewordene Via Veneto ist heute nur noch eine x-beliebige Luxus-Shopping-Meile, nur noch ein Schatten ihrer selbst.
Anlässlich des in diesen Tagen stattfindenden römischen Filmfestivals – eine Kopie, aber weitaus kommerzieller, der venezianischen Filmbiennale – wurden verschiedenen Ausstellungen zum 50jährigen Jubiläum von Fellinis Kino-Meisterwerk organisiert. Dazu der Schauspieler Sergio Castellitto, dieses Jahr Direktor des römisches Filmfestivals:
"Ich habe immer wieder den Eindruck, wenn ich diesen Film sehe, dass er einen Traum vom süßen Leben beschreibt, denn nur eine kleine Elite lebte so. Der Film wird in diesem Jahr 50 Jahre alt. Aus diesem Anlass hat das Festival den Streifen restauriert und zeigt ihn nun in weitaus besserer Qualität, als das bisher möglich war. Die Ausstellungen sollen die höchst unterschiedlichen Facetten jener Jahre des vermeintlich süßen Lebens wiedergeben".
Im MACRO, Roms Museum für moderne Kunst, werden unter dem Titel "Labirinto Fellini" Fotografien, Bühnenbilder, Kostüme, Originalschriften und -zeichnungen des Regisseurs und vieles andere gezeigt. Eine große "Dolce-Vita-Schau", mit szenografischen Installationen von Dante Ferretti und Francesca Loschiavo – einem Bühnenbildnerpaar von internationalem Ruf, ausgezeichnet mit zwei Oscars.
Die Besucher schreiten über eine Art Bühne – wie sie in jenem legendären "Studio Cinque" in der römischen Filmstadt Cinecittà existierte, als Fellini dort mächtiger Herr im Haus war. Typisch für Fellini: Die meisten Außenszenen ließ er im Studio nachbauen. Künstliche Welten – ebenso künstlich wie die Welt seiner Dolce-Vita-Protagonisten: eine goldene Welt der Reichen und Schönen und jener Paparazzi und "giornalisti", die ein Häppchen vom Glamour einzufangen versuchten.
Für die meisten Römer – und Italiener – sah diese Zeit ganz anders. Auch das wird im Marco und in den anderen Ausstellungen wie zum Beispiel in der Bibliothek des Senats deutlich.
"Man muss das immer wieder klar machen: Fellinis Film zeigt eine ganz bestimmte Realität. Wenn die VIPs in ‘La dolce Vita’ in der Bar Doney in der Via Veneto ein Gläschen Sekt tranken, kostete das soviel wie die Angestellte hinter dem Tresen der gleichen Bar in einer Woche verdiente. Das war die Realität und das wird immer gern verschwiegen. Damals war nicht alles Glamour".
Ganz und gar nicht.
Rom, und das machen die Ausstellungen zum Jubiläum des Fellini-Meisterwerks deutlich, war eine sozial zutiefst gespaltene Metropole. Stars gaben sich die Türklinken in die Hand, es wurden Riesenproduktionen wie "Kleopatra" und "Ben Hur" gedreht und gleichzeitig beschrieb Pier Paolo Pasolini das harte Leben des römischen Proletariats und der "ragazzi di vita", der Straßen- und Strichjungen. Eine gerade wegen dieser Gegensätze ungemein reizvolle Stadt. Ein Reiz, den Fellinis "La dolce vita" wie kein anderer Film jener Zeit auf den Punkt bringt.
Wie in jener Szene, in der Marcello Mastroianni, in einen eleganten Smoking gekleidet, zusammen mit der ungemein cool wirkenden Maddalena, interpretiert von Anouk Aimée, eine Prostituierte aufgabelt. Gemeinsam fährt man in die Wohnung der Prostituierten; dort will Marcello mit Maddalena ein wenig allein sein. Der Gegensatz zwischen der schäbigen Kellerwohnung und den Palästen, in denen Fellinis Darsteller leben und feiern, kann nicht größer sein. Ein Gegensatz, der damals, in der Blütezeit der christdemokratischen Regierungspartei, der Democrazia Cristiana, alltäglich war, heute aber immer wieder gern vergessen wird, wenn das süße Leben der 60er-Jahre beschworen wird.