Neues Uni-Projekt

Lange Nacht der aufgeschobenen Hausarbeiten

Stephan Mühlig im Gespräch mit Elke Durak · 06.03.2014
Fast jeder kennt es: Unliebsame Arbeiten, wie zum Beispiel die längst überfällige Seminararbeit, werden bis zum letzten Tag aufgeschoben. Säumigen Studenten soll nun auf die Sprünge geholfen werden: Verschiedene Hochschulen haben dazu eine "Lange Nacht der aufgeschobenen Hausarbeiten" ins Leben gerufen.
Fast jeder kennt es: Steuererklärung, Fensterputzen oder die längst überfällige Seminararbeit an der Uni sind Dinge, die man oft wochenlang vor sich herschiebt, um dann irgendwann festzustellen, dass die Arbeit trotz innerer Widerstände nun mal erledigt werden muss. Im Volksmund heißt das "Aufschieberitis" - Fachleute dagegen sprechen von "Prokrastination".

Auch Stephan Mühlig, Professor für Klinische Psychologie an der Technischen Universität Chemnitz, kennt das Problem. Seine eigene Dissertation habe er auch lange vor sich hergeschoben, sagte Mühlig, der auch die psychosoziale Beratungsstelle an der Uni Chemnitz leidet. Drei Jahre habe es gedauert, bis er die Arbeit dann innerhalb von vier Monaten fertig schreiben mussten - "bei höchstem Druck und Dreingabe aller Wochenenden".
Um Studenten zu helfen, die an der "Aufschieberitis" leiden, haben sich verschiedene Hochschulen ein neues Konzept überlegt und laden regelmäßig zur "Langen Nacht der aufgeschobenen Hausarbeiten" ein. Am Donnerstagabend zum Beispiel findet eine solche Aktion an der "Viadrina", der Universität in Frankfurt (Oder), statt. Aber auch in Chemnitz hat man bereits positive Erfahrungen mit dieser Idee gemacht: "Wir hatten 2013 die erste Veranstaltung mit 500 Teilnehmern, und davon sind immerhin 40 dann in dem Workshop bis zwei Uhr nachts dabei geblieben, und haben das komplett mit durchgezogen", sagt Mühlig.
Wer immer alles aufschiebt, hat ein höheres Erkrankungsrisiko
Nach Darstellung des Psychologen handelt es sich bei der Prokrastination an sich zwar noch nicht um eine psychische Störung, aber um eine Verhaltensproblematik, aus der eine psychische Störung entstehen kann. Es gebe regelrechte Programme, um des Problems Herr zu werden. Ganz häufig handele es sich auch um ein Problem der Arbeitsorganisation: "Eine fehlerhafte Prioritätensetzung, leichte Ablenkbarkeit, unklare Ziele und zu viel auf einmal erledigen wollen, sind da sicherlich nachteilig", sagte Mühlig. Prokrastination ist daher ein "Risikofaktor für die Gesundheit", der auch zu körperlichen Erkankungen führen kann.

An eine Beratungsstelle sollte man sich wenden, "wenn sich die Problematik länger hinzieht, wenn aus nicht begründeten Umständen heraus Arbeitsaufgaben immer wieder verschoben werden, wenn man Schwierigkeiten hat in der Arbeitsorganisation, und wenn man subjektiv darunter leidet, das heißt, zunehmend in Stress gerät oder auch unzufrieden ist mit der Arbeitsleistung und so etwas wie Versagensängste entwickelt".
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