Neues K.I.Z.-Album "Bordellrechnung"

Zurück zum Schock-Humor

07:57 Minuten
Auf schwarzem Hintergrund sind die 3 Köpfe des Hip-Hop-Trios zu erkennen.
Das aktuelle Album der Berliner Hip-Hop-Formation K.I.Z. ist eine Art Vorab-Veröffentlichung. Das eigentliche neue Album soll im Mai kommen. © Philipp Gladsome & Gerngross Glowinski
Axel Rahmlow im Gespräch mit Oliver Schwesig · 07.12.2020
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Nach längerer Pause gibt es ein neues Album von K.I.Z.: "Und das Geheimnis der unbeglichenen Bordellrechnung", so der Titel, führt die Berliner Rapper nach dem breiten Erfolg des letzten Albums zurück zu ihren Ursprüngen - in recht derber Weise.
Rap ist nicht für seine Fähigkeit zur Ironie bekannt, eher dafür, sich sehr ernst zu nehmen. Die Berliner Rapper von K.I.Z. sind seit 15 Jahren das Original unter den Ausnahmen. Mit Sarkasmus und schwarzem Humor machen sie sich über die Rap-Welt lustig und verteilen gut dosierte linke Gesellschaftskritik in alle Richtungen.

Selbstironie mit Breitenwirkung

Mit ihrem letzten Album von 2015 "Hurra die Welt geht unter" haben sie diese Ironie in so geläufige Bilder gepackt, dass die Musik auch Menschen jenseits des Rap-Publikums übers Radio erreichen konnte. Das Album hat sich mehr als 100.000 Mal verkauft. Jetzt – rund fünf Jahre später - haben die Musiker so ziemlich aus dem Nichts ein neues Album veröffentlicht.
Ein Song heißt "Berghainschlange", gemeint ist die Schlange vor dem Berliner Techno-Club, in der Menschen vor der Coronazeit freiwillig stundenlang anstanden. Richtig ernst klinge das nicht, sagt Kritiker Axel Rahmlow. Es passe aber zum reichlich albernen Albumtitel "Und das Geheimnis der unbeglichenen Bordellrechnung".
Das Album sei eher ein erstes Lebenszeichen für die Fans nach der Pause. Offiziell werde es auch als "Album zum Album" bezeichnet. Das "richtige" nächste Album haben die drei Rapper für Mai angekündigt – und zwar mit der Veröffentlichung dieses aktuellen Albums. Das sei also eher ein Werbe-Mixtape, ein loses Aneinanderreihen von Sprüchen, Reimen und Ideen, die eventuell woanders nicht hineinpassen, die die drei Rapper aber auch nicht wegwerfen wollten, so Rahmlow. Das Album sei ziemlich kleinteilig, die Beats oft sehr nervös oder übertrieben poppig. Manche Songs seien keine Minute lang, das habe eher Spaßcharakter.

Viel Brutales und immer wieder Haltung

Dieses Album sei geprägt von "Schock-Humor, "oft fantastisch dumm, oft ziemlich brutal und überzogen", sagt Axel Rahmlow. Für Menschen, die bei K.I.Z. nicht wüssten, was auf sie zukomme, sei das teilweise sehr verstörend. Es werde viel gemordet, verbrannt, es gehe sehr viel um den eigenen Penis und um Sex. "Da sind viele absurde Igitt-Momente." Aber, wenn man K.I.Z. kenne, höre man auch immer mal eine Zeile Haltung heraus. So etwa in dem Song "FBI und Interpol".
In einem Moment frage man sich: Hat er das wirklich gesagt? Und in der nächsten Zeile mache sich die Band dann über Verschwörungsideologen lustig. So heiße es in dem Song: "Für meine Haut nehm' ich Adrenochrom aus dem Kinderhospiz." Das beziehe sich auf die Verschwörungsideologie, nach der angeblich eine Gruppe elitärer Superreicher in Krankenhäusern Kinder gefangen halten soll, um ihnen dieses Stoffwechselprodukt zu entnehmen und damit selbst jung zu bleiben.

Ursprünglicher K.I.Z.-Sarkasmus wirkt alt

Für diese Art von Sarkasmus liebten ihre Fans die Band, sagt Rahmlow. Das sei die eigentliche Gangart von K.I.Z., die sie vor dem großen Erfolg des letzten Albums an den Tag gelegt hätten. "Und das Geheimnis der unbeglichenen Bordellrechnung" sei nun ein bewusster Gegenimpuls, ein Schritt zurück für die Basis und für K.I.Z. selbst: "Die können ganz anders, das haben sie auch als Solo-Künstler gezeigt, aber hier geht es bewusst darum stumpf zu sein".
Vieles, das 2005 noch wie eine Erlösung gewesen sei, etwa die absurd übersteigerte Parodie der frauenverachtenden Rap-Texte, wirke inzwischen aber alt und die Ironie sei oft auch verflogen, so Rahmlow. "Das grenzt teilweise ans Peinlich-Pubertäre."
Er könne sich gut vorstellen, dass das Album, das im Mai erscheinen soll, sehr anders klingen wird: "musikalisch nicht so skizzenhaft wie jetzt 'Bordellrechnung', inhaltlich auch ein ganz deutliches Stück weniger auf Pubertätsniveau. Noch lange nicht seicht, aber eben auch nicht so brachial verstörend". Der Titel soll sein: "Rap über Hass".
(abr)
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