Frédéric Martel: "Sodoma"

Homosexuelle Seilschaften im Vatikan

Das Bild zeigt eine Regenbogenflagge an einem Kruzifix.
Die Mehrzahl der Männer im Vatikan sei schwul, behauptet das Buch "Sodoma". © imago / imagebroker / grassegger
Thomas Migge im Gespräch mit Gabi Wuttke · 20.02.2019
Die Mehrheit der Männer im Vatikan ist schwul. Das ist die These des Buches "Sodoma", das jetzt erschienen ist. Der französische Journalist Frédéric Martel wirft dem Kirchenstaat eine Kultur des Verschweigens vor - auch was Kindesmissbrauch angeht.
Rund 1.500 Interviews hat der Soziologe, Autor und Journalist Frédéric Martel für sein Buch "Sodoma" geführt. Mit Kardinälen, Bischöfen, aber auch Strichjungen vom Hauptbahnhof.
Die Hauptthese des Buches: Die Mehrzahl der Männer im Vatikan ist schwul. In dem Werk würden auch Namen von Männern genannt, die offen homosexuell lebten oder "im Ruch der Homosexualität" stünden, sagt unser Italien-Korrespondent Thomas Migge im Deutschlandfunk Kultur.

Papst Paul VI. als Schlüsselfigur

Die spektakulärste Person sei Papst Paul VI. aus den 1970er Jahren, der eine Beziehung mit einem Ballett-Tänzer der Mailänder Scala gehabt haben soll - wie auch zu anderen Kardinälen, die ebenfalls mit Namen genannt werden. Dabei könne der Autor allerdings kein Quellenmaterial benennen, um die behauptete Homosexualität zu belegen, so Migge.
Darum gehe es Martel aber auch nicht. "Es geht ihm darum, welche wichtigen Persönlichkeiten innerhalb der katholischen Kirche seit den 1970er Jahren bestimmte homosexuelle Seilschaften gebildet haben und für die allgemeine Verschweigungskultur in der Kirche verantwortlich sind."

Sytem des Verschweigens

Eine der wichtigsten Personen in diesem Zusammenhand sei Papst Paul VI. Dieser habe dezidiert homosexuelles Personal eingestellt. Diese Männer hätten im Vatikan Karriere gemacht und Seilschaften geschaffen.
Martel behauptet, dass die Homosexuellen in der katholischen Kirche eine Art Community bilden, die dafür kämpft und sorgt, dass homosexuelle Skandale verschwiegen werden. "Und in diese Verschwiegenheitskultur innerhalb der Kirche siedelt er auch das Unter-den-Teppich-Kehren pädophiler Skandale an", berichtet Migge.
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