Neuer Präsident des Deutschen Bühnenvereins

"Wir müssen unsere Geschichten besser erzählen"

08:40 Minuten
Carsten Brosda, Hamburgs Kultursenator und neuer Präsident des Deutschen Bühnenvereins.
Dass im Zuge des neuerlichen Teil-Lockdowns die Theater in die "Restkategorie Freizeitaktivitäten" sortiert wurden, sei eine "enorme Kränkung" gewesen, sagt Carsten Brosda. © Axel Heimken/dpa
Carsten Brosda im Gespräch mit Gabi Wuttke · 21.11.2020
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Der neue Präsident des Deutschen Bühnenvereins, Carsten Brosda, kommt aus der Politik. Der Hamburger Kultursenator möchte Brücken bauen und Theater als alltagsrelevante Orte der Sinnsuche und des Erkenntnisgewinns etablieren.
"Wir müssen unsere Geschichten besser erzählen." Mit diesen Worten, die ursprünglich vom britischen Dramatiker Simon Stevens stammen, hat Hamburgs Kultursenator Carsten Brosda sein neues Amt als Präsident des Deutschen Bühnenvereins angetreten, des Interessen- und Arbeitgeberverbands der Theater und Orchester in Deutschland. "Geschichten sind die Art und Weise, wie wir Sinn erleben, und wenn wir diese Funktion des Theaters unserer Gesellschaft ins Bewusstsein heben, dann fallen die anderen Sachen viel leichter."
Brosda war am Nachmittag mit großer Mehrheit zum Nachfolger von Ulrich Khuon gewählt worden, der das Amt vier Jahre innehatte. Mit Blick auf die demnächst sicherlich anstehende Frage nach dem Kulturetat und der finanziellen Zukunft der Bühnen sagte er, "Geschichten sind die Art und Weise wie wir Sinn erleben." Wenn man das vermittle, falle alles andere leichter: "Insofern muss das immer der erste Schritt sein: vom Inhaltlichen her kommen und dann die konkreten strukturellen Themen angehen."

Kulturorte sind mehr als Zerstreuungsorte

Vom Auswahlprozess für das neue Amt berichtet Brosda, dass dezidiert ein Politiker gesucht worden sei, also jemand, der nach beiden Seiten hin Brücken bauen könne. Er werde dabei sicher den einen oder anderen Spagat hinlegen müssen, sagt der 46-Jährige SPD-Politiker. Doch das Schöne am Bühnenverein sei, dass er dieses Spannungsverhältnis auch in sich trage, weil Träger und Einrichtungen gleichermaßen Mitglieder und somit ein Team seien.
Dass im Zuge des neuerlichen Teil-Lockdowns die Theater in die "Restkategorie Freizeitaktivitäten" sortiert wurden, sei eine "enorme Kränkung" gewesen, sagt Brosda. Dabei seien Kulturorte weniger "Zerstreuungs- und Erbauungsorte" als vielmehr "Orte der Sinnsuche und des Erkenntnisgewinns in unserer Gesellschaft".

Mehr begründen und weniger "Wurschtigkeit"

Natürlich könne man eine Zeitlang Kulturorte schließen, um Kontakte einzuschränken, so Brosda. Damit gehe noch kein Urteil über die Sicherheit des konkreten Ortes einher. Als Politiker müsse man dann aber diese "ganz besondere und gravierende Eingriffssituation" in die Rechte von Bürgerinnen und Bürgern deutlich machen. Doch diesen Teil, die Begründung, "lassen wir manchmal in so einer administrativen ‚Wurschtigkeit’ fast ein bisschen weg", kritisiert Brosda.
Dabei müsse gerade hier ein Kulturpolitiker wie ein Dolmetscher zwischen den Fronten agieren. Brosda wünscht sich, wie er sagt, "dass zumindest alle etwas intensiver zusammenzucken, bevor sie auf die Idee kommen, Kulturorte zu schließen", oder dass sie sich zumindest besonders gut um die Begründung bemühen.
(ckr)
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