Neuer Hip-Hop-Preis "Hype Awards"

Nicht alles Hype, was glänzt

06:11 Minuten
Der Hamburger Rapper Bonez MC steht auf einer Bühne und singt, er hält in der linken Hand ein Mikrofon.
Trotz der Verunglimpfung von Opfern häuslicher Gewalt ist der Hamburger Rapper Bonez MC für die "Hype Awards" nominiert. © Imago / Eibner / Daniel Lakomski
Axel Rahmlow im Gespräch mit Oliver Schwesig · 10.07.2019
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Der deutschsprachige Rap feiert sich selbst. Zu Recht, denn das Genre ist erfolgreich wie nie. Doch die "Hype Awards" vergeben die Chance, sich glaubhaft gegen Gewalt und Gewaltverherrlichung zu positionieren.
Sich selbst zu preisen gehörte von der ersten Strophe an zur DNA des Hip-Hop. Heute Abend klopft sich die deutsche Rapszene einmal kollektiv auf die Schulter: In Berlin werden zum ersten Mal die "Hype Awards" verliehen. Anlass dazu gibt es genug, denn deutscher Rap ist so erfolgreich wie nie. Das beweist ein Blick auf die Single-Charts: Im Frühjahr dieses Jahres besetzten deutschsprachige Raptitel in einer Woche 47 von 100 Plätzen. Mit den "Hype Awards" bekommt das Genre nun seinen eigenen Preis.

Die Lücke des "Echo" füllen

Der Musikjournalist Axel Rahmlow glaubt, der Preis könnte die Lücke füllen, die der vergangenes Jahr eingestampfte "Echo" hinterlassen hat. Die "Hype Awards" würden bereits in den Nominierungen ihrem Anspruch gerecht abzubilden, was gerade relevant und angesagt sei: "Die Rapperin Juju ist Lied für Lied wirklich gut geworden, hat sich ihren Hype erarbeitet. Sie ist in der Szene repektiert, hat aber auch den Schritt in den Mainstream geschafft", so Rahmlow.
Und auch OG Keemo, nominiert für den besten Newcomer, sei einer, auf den sich gerade viele Leute einigen könnten – ein Rapper mit "Hype". Insgesamt sei die Auswahl viel differenzierter getroffen worden als beim Echo: "Da war das Prinzip: Wir nominieren die fünf Leute, die am meisten verkauft haben, und am Ende gewinnt der Erfolgreichste."
Allerdings hätten die "Hype Awards" noch besser aus dem Versagen des Echo lernen müssen, findet Rahmlow. Der Preis war abgeschafft worden nach einem Skandal um die Rapper Kollegah und Farid Bang, die Gewalt verherrlicht und sich über Holocaust-Opfer lustig gemacht hätten.

Vielen Fans sind die Vorwürfe egal

"Bei den 'Hype Awards' sind zwei Rapper nominiert, die keine Preise gewinnen sollten: Der US-amerikanische Rapper 6ix9ine, verurteilt wegen sexuellen Missbrauchs einer 13-Jährigen, ist mitnominiert als Gast für das beste Video." Und auch der Hamburger Bonez MC sei für den erfolgreichsten Instagram-Auftritt nominiert, obwohl der sich in den sozialen Medien über die Opfer häuslicher Gewalt lustig gemacht habe. Für Rahmlow ein "fatales Signal" – zumal der Rapper durchaus Chancen habe, den Preis zu gewinnen.
Denn der Preis sei ein Publikumspreis. Am Ende entschieden die Fans. Die hätten schon deutlich gemacht, dass vielen von ihnen die Vorwürfe gegen Bonez MC egal seien. Die Jury, die hauptsächlich aus Männern bestehe, hätte mit dem Fall anders umgehen müssen, findet der Musikjournalist: "Die Veranstalter haben gesagt. Wir stehen für Diversität, Toleranz und Gleichberechtigung. Wir verurteilen Gewalt in jeglicher Form. Wir bleiben aber bei den Nominierungen." Das Fazit sei leider, dass trotzdem Preise für Gewalt und Gewaltverharmlosung vergeben würden.
(rod)
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