Neue Weltmusik

Musikalischer Streifzug

Ein Bergdorf in Kreta
Das Trio Lopez, Petrakis, Chemirani besingt die Bergdörfer Kretas. © imago stock&people
Von Grit Friedrich · 20.11.2017
Wir nehmen Sie mit an die Küsten des Mittelmeers, ins Hochland von Tuva und tief hinein ins Balkangebirge - drei Neuerscheinungen aus dem Bereich der Weltmusik, die Sie sich nicht entgehen lassen sollten.

Trio Lopez, Petrakis, Chemirani: Taos

Der Spanier Efrén López, der Grieche Stelios Petrakis und der Iraner Bijan Chemirani aus Paris entführen auf die Wellen des Mittelmeeres, an die Gestaden der Levante und in Bergdörfer Kretas. Ihre unangestrengt Instrumentalmusik hat im Zentrum oft die Kniegeige Lyra. Dazu spielt Bijan Chemirani die iranische Zarb sowie eine Armada orientalischer Rahmentrommeln und der Valencianer Efrén López steuert ein Sammelsurium mediterraner Instrumente bei, darunter die Oud, Saz und kretische Laute. In dieser hoch komplexen Musik, umkreisen sich unterschiedliche Melodielinien wie Tänzer. Man hört Elemente kretischer Volksmusik, arabo-andalusische Rhythmen auch eine Komposition im mitreißenden Geist kurdischer Traditionen.
Efrén López und seine Triopartner sind Meister der traditionellen Musik ihrer jeweiligen Länder oder Regionen, aber brechen immer wieder aus diesem eng gesteckten Rahmen aus. Ihr Zusammenspiel ist offen und vertrauensvoll, dabei drehen sich die meisten Kompositionen um die Lyra, die kretische Kniegeige. Petrakis spielt sie seit seinem sechsten Lebensjahr und ist bis heute bei Dorffesten in der Region Sfakia ein geschätzter Gast. Doch das Trio Lopez, Petrakis, Chemirani streift nicht nur durch den Süden von Kreta, sondern webt Motive aus türkischer oder armenischer Musik in einen schillernden aber nicht überladenen Klangteppich. Ein zauberhaftes Album, nicht nur für eingefleischte Fans mediterraner Musik.

Alash: Achai

Musik aus Tuva vermittelt viel von den Urkräften dieser innerasiatischen Berglandschaft. Der Gesang der Hirten ist erst seit etwa 30 Jahren in den USA und Mitteleuropa bekannt. Gruppen wie Huun-Huur Tu oder Yat Kha feiern nach wie vor große Erfolge, auch mit Crossover Projekten. Alash ist dagegen ein Trio, das sich virtuos aufs sogenannte Kerngeschäft konzentriert. Kehlkopfgesang, Pferdekopfgeigen, Maultrommel, Flöten und Percussion.
Alash ehren ihren 2013 verstorbenen Lehrer Kongar-Ool Ondar, der im Ausland mit Willie Nelson oder dem Banjogott Bela Felck auftrat und zuhause mehrere Generationen tuvinischer Musiker inspiriert hat. Dass diese Musik eine spirituelle und soziale Funktion hat, hört man aus jedem einzelnen Ton. Lieder wie diese, werden bis heute in der tuvinischen Gemeinschaft bei privaten Festen gesungen und von Generation zu Generation weitergegeben. Dieser Aufnahme trägt dann uch den Titel Achai. Achai heisst Vater und würdigt die große Rolle der Väter in Tuva in der Erziehung ihrer Kinder. Das dritte Alash Album ist eine Einladung nach Tuva und fühlt sich dem archaischen Klang der Vorväter zwar verbunden, schaut aber auch ins morgen, mit einem jungen Beatboxer als Gast. Das ist fließende Musik von minimalistischer Schönheit, tief empfunden.

The Bulgarian Voices Angelite: Passion, Mysticism & Delight

Sängerinnen von Angelite aus Bulgarien sind schon mit einem Ensemble aus Tuva aufgetreten. "Fliege fort meine Traurigkeit" heißt dieser Titel von ihrem Live-Doppelalbum Passion, Mysticism & Delight das im ausführlichen Booklet auf 30 Jahre Chorhistorie schaut. Andere Lieder haben sie mit Bobby McFerrin, den Nürnberger Symphonikern oder der Fanfare Ciocarlia aufgenommen. Der metallische Klang bulgarischer Stimmen ist für die einen gewöhnungsbedürftig, andere, wie der Schweizer Musiksammler Marcel Cellier, konnten nicht genug bekommen. Seine größte Suggestivkraft entwickelt der Chor Bulgarian Voices Angelite jedoch genau mit solchen a-capella Liedern zwischen Tradition und Neuer Musik, denn hier hört man die virtuose Leidenschaft dieses Ensembles am Klarsten.

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