Neue Pop-Veröffentlichungen

Puckernde Beats und atmosphärische Sounds

Eine Aufnahme eines Drumcomputers.
In unserer Rubrik "Das muss man gehört haben" stellen wir jede Woche neue Platten vor. © Unsplash / Wes Hicks
Von Claudia Gerth · 05.10.2018
Laut, aber ohne zu krachen - das könnte das Motto von Chris Imlers neuem Album „Maschinen und Tiere“ sein. Ebenfalls recht düster kommt Robot Koch mit „Sphere“ daher. Und Phosphorescent fehlt auf „C'Est La Vie“ leider der entscheidende Kick.

Chris Imler: "Maschinen und Tiere"

Wohl wahr, richtige Stille kann niemand ertragen, sogar der Meister des Understatements im deutschsprachigen musikalischen Raum, Chris Imler nicht, der eigentlich lieber schweigt als einmal zu viel zu sagen. Der umtriebige Musiker hatte sich lange um sein Solo-Debüt bitten lassen und legt nun, vier Jahre später, sein zweites Album "Maschinen und Tiere" nach. Und das wirkt recht düster.
Nervös puckern die elektronischen Beats und Sounds durch seine Songs. Herrlich Retro. In ihrem Industrie-Chic erinnern sie an D.A.F. und die Einstürzende Neubauten. Reduziert und doch aufreibend, eben die Klänge eines Stadtneurotikers. Oder die eines Propheten, der die Revolution kommen sieht. Jedenfalls sind es elf Songs, zu denen man tanzen, denen man aber auch zuhören kann. Und dabei kann man Begeisterung für seine Wortspiele entdecken.
"Maschinen und Tiere" von Chris Imler ist eine unaufdringliche Gegenwartskritik. Es geht um den Drang nach Gleichschritt, Hedonismus und Selbstoptimierung. Und auch darum, dass die Welt, unter dem gegenwärtigen System aus den Fugen gerät. Doch all das singt kein missionierender Geist. Chris Imler ist eher der rauchende Typ, der im Hintergrund sitzt, alles beobachtet und unprätentiös erzählt. Ein schönes Album, das zwar kracht, das dabei aber nicht laut ist.

Robot Koch: "Sphere"

Ebenfalls recht düster muten die neuen Tracks des Albums "Sphere" von Robot Koch an. Der in Kassel als Robert Koch geborene Produzent und Komponist hat eine neue Live-Show geplant, die unter dem Kuppeldach eines Planetariums stattfinden und immersiv sein soll. Mit anderen Worten eine Show, bei der das Publikum vollkommen in die audiovisuelle Präsentation eintauchen kann und zu der das neue Album der Soundtrack ist.
Durchaus feingliedrig und fast behutsam gleiten die elektronischen Wellen zu einem heran. Wie der Albumtitel "Sphere" verrät, zeugt das Album vor allem vom Aufbau einer Atmosphäre. Das heißt, es bewegt sich im abstrakten Bereich, hier wird mit Klängen assoziiert und nicht konkret erzählt.
Ohne unter der Kuppel eines Planetariums zu sitzen und ohne die visuellen Effekte zum Sound zu assoziieren, ist das neue Album von Robot Koch dann doch nur das halbe Vergnügen. Mein Tipp: Entweder zur Show gehen oder sich vielleicht selbst darin üben, zum Hören des Albums, expressive Bilder an die Zimmerwände zu projizieren.

Phosphorescent: "C'Est La Vie"

Ein Könner im Schaffen von Atmosphäre ist auch der US-amerikanische Musiker Matthew Houck alias Phosphorescent. Allerdings mit akustischem Instrumentarium. Nach überstandener Hirnhautentzündung hat er zu neuer Tatkraft gefunden und nimmt das Leben wie es ist. So jedenfalls der Titel seines neuen Albums "C‘est la vie".
Es ist inhomogen, das neue Phosphorescent-Album. Es hat Aufs und Abs wie das Leben. Neben eingängigen Titeln gibt es auch Stücke, die ohne allzu gewöhnliche Songstruktur auskommen. Die Emotionen reichen von lebensbejahend ausgelassen bis resigniert-zynisch.

Matthew Houck alias Phosphorescent ist ein Virtuose, keine Frage, kann gefühlvoll die Lagen von Gitarren, Klavier und sphärischen Gesangslinien zu schönen Songs schichten. Doch insgesamt fehlt es der Platte "C‘est La Vie" an Dringlichkeit. Vor allem gemessen an früheren Alben.
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