Neue Platten

Richard Ashcroft ohne Verve

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Richard Ashcroft beim Corona Hauptstadt Festival in Mexiko-Stadt, November 2015. © picture alliance / dpa / Sashenka Gutierrez
Von Carsten Rochow · 20.05.2016
Mit "These People" stellt Richard Ashcroft nichts Besonderes auf die Beine. Stattdessen gibt es langatmige Songs. Auf "Fallen Angels" interpretiert Bob Dylan Stücke aus dem American Songbook und typischen Mock-Orange-Sound gibt es auf "Put The Kid On The Sleepy Horse".
Bob Dylan - "Fallen Angels"
Und? Wiedererkannt? - Jawoll, Bob macht den Frank! Schon wieder - und wird damit wieder viel Naserümpfen bei Heerscharen von Dylan-Anhängern verursachen. Wie kann der einflussreichste Singer-Songwriter aller Zeiten nur das Repertoire des Vorzeige-Crooners Frank Sinatra plündern? Er kann es einfach, er gönnt es sich - zu seinem 75. Geburtstag kommende Woche Dienstag.
Auf "Fallen Angels" interpretiert Bob Dylan nach "Shadows In The Night" im letzten Jahr also zum zweiten Mal respektvoll Stücke aus dem American Songbook, von denen bis auf eine Ausnahme alle durch Frank Sinatra berühmt wurden.
Dylan geht es aber wieder nicht darum, Frank Sinatra-Songs zu covern, sondern zu "uncovern", also sie zu enthüllen und bloßzulegen - sie vom orchestralen Beiwerk, vom Pathos zu befreien und sie vom Jazz in seine eigene Welt zu holen. Wer will es dem Altmeister verübeln? Ich bestimmt nicht. Denn es funktioniert. Auf "Fallen Angels" lässt uns Dylan näher an den Geist dieser Klassiker heran, als es Ol' Blue Eyes je getan hat.

Richard Ashcroft - These People
Nach dem Welthit "Bittersweet Symphony" von seiner Band The Verve Ende der 90er hat Richard Ashcroft längst bewiesen, dass er auch gute Soloplatten machen kann. Vor sechs Jahren dann aber der Einbruch: "United Nations of Sound" fällt bei den meisten Kritikern durch und verkauft sich nicht annähernd so gut wie die drei Vorgänger. Die Frage ist also, was stellt der englische Musiker mit "These People" im Jahr 2016 auf die Beine? Kurz: nichts Besonderes. Stattdessen unglaublich langatmige, von Streichern triefende Songs, bei denen der Sänger auch noch müde und gequält wirkt.
Gleich beim Opener "Out Of My Body" vergreift sich Ashcroft dermaßen im Sound, dass der Finger schneller auf der Skip-Taste ist, als Lucky Luke seinen Revolver ziehen kann, um dieses eigenartige Eurodance-Rip-Off zu beenden.
Hinzu kommt noch, dass Richard Ashcroft wenig zu sagen hat, und das auch noch ständig wiederholt. "These People" hat kaum noch etwas vom Verve seiner ersten drei Solo-Alben.
Mock Orange - "Put The Kid On The Sleepy Horse"
In ihrer über 20-jährigen Karriere hat die Band Mock Orange in der weltweiten Indierock-Szene Kultstatus erworben - ohne jemals nennenswerte kommerzielle Erfolge eingefahren zu haben. Auf eins mussten sich Anhänger des Quartetts aus dem Mittleren Westen der USA nach der Jahrtausendwende - neben immer länger werdenden Wartezeiten zwischen den Alben - allerdings einstellen: die Weiterentwicklung des Mock-Orange-Sounds. Kein Album klingt wie das vorherige. Nur ihrem Markenkern, den äußerst verspielten Gitarren, vertrackten Songs und oft ungeraden Taktarten ist die Band immer treu geblieben - natürlich auch auf dem neuen, offiziell siebten Album.
Mit "Put The Kid On The Sleepy Horse" erscheint heute ein unglaublich intensives, kratziges Indie-Rockalbum mit Hymnen und Stampfern. Es klingt unverkennbar nach Mock Orange mit den deftig groovenden Drums, dem schwebenden Gesang und all den herrlich schrulligen Gitarren-Soli - wie die 90er-Jahre nach einer Frischzellenkur.
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