Neue Partei für Klimaschutz

"Radikal Klima" soll im August starten

07:04 Minuten
Aktivistinnen und Aktivisten von Extinction Rebellion (XR) haben Teile des Wassers in der Spree im Berliner Regierungsviertel bei der Aktion "Kohle vergiftet" mit dem Farbstoff Uranin giftgrün gefärbt, um auf die weitreichenden Schäden der Kohleförderung für Mensch und Umwelt aufmerksam zu machen.
Zum Auftakt ihrer Aktionen haben "Extinction Rebellion" Teile des Wassers in der Berliner Spree grün eingefärbt, um gegen die Klimapolitik zu protestieren. © picture-alliance/ZB/Paul Zinken
Denise Ney im Gespräch mit Liane von Billerbeck · 12.06.2020
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Aktivisten von Klimaschutzbewegungen planen neue Proteste und wollen die Partei "Radikal Klima" gründen, sagt die Berufsschullehrerin Denise Ney, die sich selbst engagiert. Dabei setzen sie auf spektakuläre Aktionen.
Liane von Billerbeck: Freitag ist der Tag, den "Fridays for Future" für ihre Proteste ausgewählt haben. Die Pandemie hat auch diese Bewegung stärker ins Internet verlagert. Ab Montag plant eine andere Bewegung "Extinction Rebellion" eine Woche mit bundesweiten Events. Die Berufsschullehrerin Denise Ney wird dabei sein, sie engagiert sich bei "Fridays for Future", "Extinction Rebellion" und jetzt bei "Radikal Klima". Sie will eine neue Partei gründen, die sich einem Zukunftsthema widmet: Die Klimaerhitzung der Erde zu stoppen. Wenn man sich die Parteiprogramme und die Reden der Politiker anguckt, gewinnt man den Eindruck, dass inzwischen alle Parteien das Thema Klimawandel und Erderhitzung auf dem Schirm haben. Was wollen Sie anders machen?
Ney: Es ist halt das Thema, weil es von "Fridays for Future" auf die Straßen und in die Haushalte getragen worden ist. Junge Leute haben mit ihren Eltern und Großeltern darüber gesprochen. Deshalb haben alle Parteien das aufgegriffen, allerdings im Rahmen des politisch Machbaren und nicht im Rahmen des Notwendigen. Wir sind in einer Situation, in der wir keine Zeit mehr haben. Wenn der Berliner Senat sagt: Klimaneutral bis 2050, was auch die Bundesregierung als Ziel ausgegeben hat, reicht das einfach nicht.

Berlin als Vorbild in Europa

Von Billerbeck: Sie haben einen Verein gegründet und wollen nun eine Partei gründen. Was ist dabei zu beachten?
Ney: Wir wollten schon im Mai unseren Gründungsparteitag veranstalten, aber da hat uns Corona einen Strich durch die Rechnung gemacht. Das verschaffte uns ein bisschen Zeit, um die ganzen Formalien zu erledigen. Nun gründen wir die Partei im August.
Die Aktivisten von Extinction Rebellion, Annemarie Botzki (l-r), Friederike Schmitz und Tino Pfaff, stellen auf einer Pressekonferenz geplante Aktionen vor. 
"Extinction Rebellion" plant neue Aktionen unter Coronabedingungen. © picture-alliance/dpa/Jörg Carstensen
Von Billerbeck: Sie wollen mit "Radikal Klima" zur Abgeordnetenhauswahl 2021 in Berlin antreten. Hilft denn Ihr kommunales Engagement gegen ein globales Problem?
Ney: Berlin ist eine der Metropolen Europas. Gerade beim Klima müssen die großen Städte der Welt vorangehen. Berlin ist ein Vorbild für Deutschland und für Europa. Wenn etwas in Berlin möglich ist, wird es auch an anderen Orten möglich. Gerade kommunal kann man schnell etwas erreichen, sei es im Bereich Verkehr, Mobilität oder im Bereich der Energie. Wenn an vielen kleine Orten viele kleine Dinge geschehen, kann Großes daraus werden. Wenn dann noch große Städte wie Berlin oder Amsterdam dazukommen, dann passieren auch die großen Dinge - und wir können das Ruder noch herumreißen.
Von Billerbeck: Aber wenn ich mir die großen Städte in China angucke, dann ist Berlin dagegen ein Dorf.
Ney: Wenn Sie sich den Pro-Kopf-Verbrauch in China angucken, dann sind Sie bei einem Drittel dessen, was wir hier verbrauchen. Wir verursachen in Europa den Großteil der Emissionen, die weltweit radikale und schlimme Folgen haben.

Ringen um mediale Aufmerksamkeit

Von Billerbeck: Sie sind auch bei "Extinction Rebellion" engagiert, die für nächste Woche Aktionen angekündigt haben. Schon am Donnerstag wurden Flüsse grün gefärbt. Braucht es solche spektakulären Aktionen?
Ney: Wir haben gemerkt, dass solche spektakulären Aktionen als Ergänzung zu den großen Demonstrationen von "Fridays for Future" und den Aktionen von "Ende Gelände" nötig sind, um das Thema in den Medien populär zu platzieren und damit die Leute darauf aufmerksam werden. Sonst geht das halt im Tagesgeschäft der Medien unter.
Von Billerbeck: Es wird sich etwas ändern müssen, auch Menschen müssen ihr Verhalten ändern. Hilft Ihnen dabei Ihre Erfahrung als Lehrerin?
Ney: Meine Erfahrung als Lehrerin hilft mir insofern, dass ich gewohnt bin, mich auf verschiedene Menschen einzustellen und zu überlegen, wo ich überzeugend sein kann. Das individuelle Verhalten spielt sicher eine Rolle und jeder, der etwas tut, in dem er zum Beispiel seinen Fleischkonsum reduziert oder öfter die öffentlichen Verkehrsmittel nimmt, der tut etwas Richtiges und Notwendiges.
Mit unserer Verhaltensveränderung werden wir die Welt nicht retten, aber wir werden die Welt auch nicht retten ohne Verhaltensänderung. Wenn Sie und ich morgens aufwachen, haben wir halt schon einen höheren Energieverbrauch und einen höheren CO2-Ausstoß als für diese Welt zulässig ist. Allein weil wir in ein System eingebunden sind, in dem hoher Energieverbrauch einfach zu unserem täglichen Leben gehört.

Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandfunk Kultur macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.

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