Neue Musikalben

Das muss man gehört haben - oder auch nicht

Eleni Zafiriadou und Daniel Benjamin vom deutsch-griechischen Pop-Duos Sea + Air.
Haben Europas Krise vertont: das Musikerehepaar Sea + Air © dpa / picture alliance / Britta Pedersen
Von Uwe Wohlmacher · 21.08.2015
Ein politisches Album wollte das deutsch-griechische Ehepaar Eleni Zafiriadou und Daniel Benjamin, alias Sea + Air, nicht machen. Und doch ist "Evropi" ein klares Statement für mehr Menschlichkeit geworden – und ein musikalisch höchst interessantes Album. Eine der Platten in unserer Kritik.
Boy: "We Were Here"
Das Hamburger Duo Boy legt mit "We Were Here" sein zweites Album vor. Nach dem tatsächlich weltweiten Erfolg ihres Debüts 2011 haben Valeska Steiner und Sonja Glass ihren melancholischen Folk-Pop weiterentwickelt, der Sound ist dichter geworden, ohne an Leichtigkeit zu verlieren. Boy stehen für Musik fern von deutscher Liedermacherei, die deutlich von US-amerikanischem Folk und Country-Pop beeinflusst ist. Die Songs sind mit wenigen gezupften Gitarren, unaufdringlichem Schlagzeug und sanft brummelndem Bass spartanisch instrumentiert und klingen wie ein sanfter Sommerwind, der manchmal sogar stürmisch aufbrausen kann. Boy stehen auch mit ihrem zweiten Album "We Were Here" für gefühlige Musik, die sehr gediegen klingt, der aber ein wenig die Tiefe fehlt und dadurch leider keine lange Verweildauer hat.
Sea + Air: "Evropi"
Nach 600 Konzerten in 22 Ländern, die in den vergangenen drei Jahren fast nonstop absolviert wurden, legt das deutsch-griechische Musikerehepaar Sea + Air mit "Evropi" ein Konzeptalbum vor, das die unruhige Aufbruchsstimmung eines Kontinents eindrucksvoll reflektiert. Sea + Air haben diese Veränderungen auf ihren Reisen sensibel aufgenommen und singen von Heimatlosigkeit, der Suche nach dem Verlorenen, vom Leid und von der Perspektivlosigkeit der Menschen. Auch wenn Eleni Zafiriadou und Daniel Benjamin kein politisches Album machen wollten, ist "Evropi", das griechische Wort für Europa, ein klares politisches Statement für mehr Menschlichkeit geworden – und ein musikalisch höchst interessantes Album, das Einflüsse aus Pop, Klassik, Weltmusik und Krautrock abwechslungsreich verarbeitet.
The Strypes: "Little Victories"
"Little Victoires" heißt das neue, zweite Album des jungen Quartetts The Strypes, das nach wie vor den guten alten britischen R'n'B und Garagenrock der frühen 60er Jahre so pflegt, wie ihn vermutlich bereits die Eltern der Bandmitglieder hörten. The Strypes sind gerade einmal zwischen 17 und 19 Jahre alt und gelten mit ihrem frischen Sound, als neue irische Rockhoffnung. Schon mit ihrem Debüt machten sie 2013 arrivierte Kollegen wie Jeff Beck, Noel Gallagher und Elton John auf sich aufmerksam, die voll des Lobes für die Youngster waren. Nach hohen Charts-Platzierungen und etlichen Gastauftritten bei Festivals wie Glastonbury und auf Tournee im Vorprogramm der Arctic Monkeys, stellt sich die Band nun stilistisch etwas breiter auf, hat leichte Hip-Hop und Funk-Einflüsse eingearbeitet und spielt mit balladesken Formen. Das klingt noch nicht alles ganz ausgegoren, aber Talent beweisen die blutjungen Musiker auch auf dem so schwierigen zweiten Album nachdrücklich.
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