Neue Leitung des Staatsballetts Berlin

Super-Deal für Sasha Waltz

Die neue Intendantin des Staatsballetts Berlin, Sasha Waltz, beantwortet am 07.09.2016 im Roten Rathaus in Berlin Fragen von Journalisten. Die Choreografin Waltz und der Direktor des Royal Swedish Ballet, Johannes Öhman, werden Ko-Intendanten des Staatsballetts Berlin.
Ein Teil der neuen Doppelspitze des Staatsballetts Berlin: Choreografin Sasha Waltz wird - zusammen mit Johannes Öhmann, Direktor des Royal Swedish Ballet - neue Intendantin. © picture alliance / dpa / Wolfgang Kumm
Von Wiebke Hüster · 07.09.2016
Die Repertoire-Pläne der neuen Spitze des Staatsballetts Berlin überzeugen Tanzkritikerin Wiebke Hüster nicht. Zu viel 19. Jahrhundert und zu viel Sasha Waltz. Für die Berliner Choreographin, die das Ballett nun mit einem Kollegen leitet, sei der neue Job aber in jedem Fall ein gutes Geschäft.
Das ist neu. Das hat es noch nicht gegeben – zwei gleichberechtigte Direktoren einer Ballettcompagnie. Sasha Waltz sollte es eigentlich besser wissen – hatte sie doch ihr Experiment, die Schaubühne am Lehniner Platz gemeinsam mit dem Theaterregisseur Thomas Ostermeier leiten zu wollen, vorzeitig beendet. Nun könnte man sagen, das war der Krach zwischen zwei Sparten, das war die Arroganz eines Schauspiels gegenüber einem Tanzensemble, da ging es um knallharte finanzielle Streitigkeiten.
Mit dem Schweden Johannes Öhmann, einem ehemaligen Tänzer und erfolgreichen Direktor am Königlich Schwedischen Ballett verbindet Sasha Waltz seit zehn Jahren gelegentliche Zusammenarbeit. Öhmann choreografiert nicht in Stockholm, er programmiert und kümmert sich um die Compagnie und seine anderen Leitungsaufgaben.
Aus der Sicht von Waltz und Öhmann ist ihr Anstreben einer Doppelspitze nachvollziehbar. Leitungsfunktionen in Balletten an Opernhäusern sind zeitaufwendig und können sich mühsam gestalten. In der Regel haben die Musiktheaterkollegen die entschiedeneren Meinungen, natürlich das größere Repertoire, die teureren und fetteren Bühnenbilder, die darum auch entsprechend länger auf- und abzubauen sind, die umfangreicheren Kostümbilder, etc. Die Oper ist ein organisatorisches Schlachtschiff, das Ballett ein Katamaran mit Kabinen. Stoff für Auseinandersetzungen und Sitzungen gibt es genug zwischen Tanz- und Musiktheater. Johannes Öhmann ist optimistisch, dass sich diese Arbeit besser auf die Schultern von zwei Ballettdirektoren verteilen lässt.

Waltz ist nicht mit Bausch oder Forsythe zu vergleichen

Ab 2019 wird das von ihnen geplante Repertoire des Staatsballetts Berlin zur Hälfte aus den sogenannten Klassikern bestehen – Schwanensee, Giselle, La fille mal gardée etc. Die andere Hälfte wird aus einer Mischung aus neoklassischen Abenden mit Werken des 20. Jahrhunderts, aus zeitgenössischen Abenden mit Uraufführungen und zwei Abenden mit Werken von Sasha Waltz bestehen. So weit, so wohlfeil.
Ein Repertoire einer Compagnie von mehr als 80 Tänzern in einer Metropole muss naturgemäß – wie London, New York, und Paris zeigen – aus einer interessanten Kombination von Werken aus Klassik, Moderne und Gegenwart bestehen. Aber 50 Prozent 19. Jahrhundert ist zu viel und Sasha Waltz ist sozusagen überrepräsentiert, wenn es um die Gegenwart geht. Sie mit Pina Bausch oder William Forsythe zu vergleichen, ist übertrieben. Ihre Tanzsprache ist abgeleitet von den amerikanischen Postmodernen und ihr Tanztheater weich in den Themen und unscharf romantisch.

Was hat Berlin davon?

Darum fragt man sich, warum Sasha Waltz nicht einfach bei ihrer eh vom Berliner Senat finanzierten Gruppe "Sasha Waltz & Guests" verbleiben kann. Wieso traut man ihr, die das nie interessiert hat, Programmierung überhaupt zu? Nein, jetzt kann sie ihr freies Ensemble weiterleiten, was sie tun wird, Honorare des Staatsballetts für ältere und neue Stücke bekommen und das Ballettdirektorengehalt. Super-Deal für sie.
Man kann sich fragen, was Johannes Öhmann am Ende davon wirklich hat, vor allem aber, was Berlin davon hat. Zehn Jahre lang Ödnis und Star-Eitelkeiten unter Ballettdirektor Vladimir Malakhov, bis 2019 werden dann fünf Jahre unter dem einfallslosen spanischen neoklassischen Langweiler Nacho Duato vergangen sein. Dann hat er alle seine alten Stücke noch mal an Berlin verkauft, und dann kommt Sasha Waltz, um dem Staatsballett ihre alten und neuen Stücken zu verkaufen, die sowieso dort rauskommen würden. Und Tschaikowskys Ballette sollen es dann rausreißen.
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