Neue Kulturstaatsministerin

Lobhudelei für Grütters

Monika Grütters wird neue Kulturstaatsministerin.
Monika Grütters wird neue Kulturstaatsministerin. © dpa / picture alliance / Karlheinz Schindler
Von Burkhard Müller-Ullrich · 16.12.2013
In der Kulturpresseschau geht es um die neue Kulturstaatsministerin, Entwürfe für die neue Zentrale des Axel Springer Verlags und Bauen als politische Angelegenheit.
Oh, wie spannend! (Um gleich mit einem der Paradewörter deutscher Kulturbetriebs-Groupies zu beginnen.) Wir bekommen eine neue Kulturstaatsministerin, die jeder auf diesem Posten erwartet hat, und die Feuilletonisten schreiben völlig erwartungsgemäß:
"Auf diesen Tag hat sie lange gewartet" -
so Harry Nutt in der BERLINER ZEITUNG und FRANKFURTER RUNDSCHAU, und
"Sie hat es endlich geschafft" -
so Andreas Kilb in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG.
Von ex-links bis ex-rechts, wir kennen keine Auseinandersetzungen mehr, wir kennen nur Monika Grütters, die allseits auf eine so lobhudelige Weise ins Amt geschrieben wird, dass man sich fragt, ob es vielleicht noch irgendwo einen einzigen Feuilletonisten gibt, der sich nicht als Hilfskulturstaatsminister betätigt und nicht in staatsmännischer Pose wie Andreas Kilb die künftigen Arbeitsfelder der neuen Staatsministerin abschreitet:
"Unter ihrer Ägide wird sich der Schwerpunkt der Bundeskulturpolitik mehr oder minder spürbar vom Film auf die bildenden Künste und ihr Umfeld verschieben,"
weiß der FAZ-Mann und beweist mit der Formulierung "mehr oder minder spürbar" wirklich Spürsinn, denn wenn sich der Schwerpunkt minder spürbar, also gar nicht oder ganz anders verschiebt, dann hat der Autor trotzdem recht. Wissen kann er es jedenfalls noch nicht, denn Monika Grütters hat angekündigt, sie werde sich im neuen Jahr zu den dringendsten Aufgaben ihres neuen Amtes äußern. Wozu Kilb einen umwerfenden Schlußsatz schreibt:
""Das werden spannende Weihnachtsferien."
Bis zu den Weihnachtsferien werden derweil im Deutschen Architekturzentrum in Berlin drei Gebäudeentwürfe ausgestellt, die uns hier vor allem deshalb interessieren, weil sie auch etwas mit Feuilletons zu tun haben. Der Axel Springer Verlag will sich eine neue Zentrale, einen Springer Campus mit einer - wie es heißt - "radikal neuen Ästhetik" bauen lassen, und Dieter Bartetzko spricht im Hinblick auf den gerade laufenden Wettbewerb von einer "epochalen Entscheidung".
"Es geht darum, unserem das Unterste zuoberst kehrenden digitalen Zeitalter in der deutschen Hauptstadt ein Zeichen zu setzen – einen bildhaften Großbau, der die elementare Wende, die unser gesamtes Denken und Handeln verändert, Gestalt werden lässt."
Unter 18 Bewerbern hat die Jury zunächst drei Sieger ausgerufen. Salopp könnte man sagen: Rem Koolhaas und Rem Koolhaas und Rem Koolhaas, denn neben Koohaas´ eigenem Büro OMA handelt es sich um seine in der dänischen Firma BIG tätigen Schüler sowie um seinen ehemaligen Partner Ole Scheeren, mit dem zusammen er das berühmte China Central Television Gebäude schuf.
Dem FAZ-Kritiker gefällt Scheerens Entwurf besonders gut, weil er sich gründlich mit der Geschichte des Standorts auseinandersetzt. Schließlich ließ Springer das alte Hochhaus in den sechziger Jahren direkt an die Berliner Mauer bauen, um zu demonstrieren wie freie Presse aussieht.
Daß das Bauen generell eine politische Angelegenheit ersten Ranges ist, bekräftigt Gerhard Matzig in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG und regt sich deshalb darüber auf, wie stiefmütterlich das Bauressort auch bei der jetzigen Regierungsbildung behandelt wurde: als Manövriermasse, die kein eigenes Ministerium bekommt, wie es bis 1998 der Fall war, sondern jetzt dem Umweltministerium zugeordnet wurde. "Warum?", fragt Matzig –
"Weil das Bauen irgendwie mit Umwelt zu tun hat? Nun ja, alles hat immer irgendwie mit Umwelt zu tun. Weil energieeffizientes Bauen das Gebot der Stunde ist? Auch nicht ganz falsch, aber dann hätte man das Bau-Ressort gleich dort ansiedeln können, wo in Zukunft alle Fragen zur Energieeffizienz entschieden werden: beim neuen Wirtschaftssuperminister Sigmar Gabriel."
Der SZ-Autor erinnert daran, daß der Wohnungs- und Städtebau in letzter Zeit zum Ressort des Verkehrsministeriums gehörte. Dort ging es um Straßen, Schienen, Landebahnen, aber kaum um Lebensräume, um Häuser, um Urbanität. Es sei ein grotesker Fehler der Politik, schreibt Gerhard Matzig,
"im Bauen nichts anderes zu sehen als eine Art Politik gewordenes Wärmedämmverbundsystem."