Neue Kulturhauptstädte Europas

Nicht gerade Metropolen – und das ist auch gut so

Historische Gebäude der Waage (rechts) an der Stadtgracht in Leeuwarden
Fritz Pleitgen: "Ist doch gut. Das Geld kommt ja der Allgemeinheit zugute." © picture alliance/dpa - Robert B. Fishman
Fritz Pleitgen im Gespräch mit Hans-Joachim Wiese · 02.01.2018
Mit dem Jahreswechsel gibt es auch zwei neue Kulturhauptstädte Europas: Leeuwarden in den Niederlanden und Valetta auf Malta. Fritz Pleitgen, Intendant der Ruhr 2010, findet gut, dass kleine Städte den Titel und das Geld bekommen.
Brüssel war es, Liverpool war es – und jetzt Leeuwarden in der niederländischen Provinz Friesland und Valetta. Es sind also nicht gerade Metropolen, die in diesem Jahr den Titel Kulturhauptstadt Europas tragen. Fritz Pleitgen findet das gut.
"Es hat ja erst begonnen mit den üblichen Verdächtigen – mit Athen, Florenz und Paris – und dann ist man auf den Trichter gekommen, das wirkt ja überhaupt nicht, denn die haben ja schon jede Menge Kultur. Und da fiel die Kulturhauptstadt und das Programm der Kulturhauptstadt überhaupt nicht auf."
Der Journalist und Vorsitzende des Beirats der RAG-Stiftung Fritz Pleitgen steht auf dem Gelände der Zeche Zollverein in Essen.
Der Journalist und ehemalige WDR-Intendant Fritz Pleitgen.© Imago
Pleitgen war nach seiner Zeit als WDR-Intendant Geschäftsführer der Ruhr 2010 GmbH und damit zuständig für das Programm der Kulturhauptstadt 2010 in Essen und dem Ruhrgebiet.

Schon neun deutsche Interessenten für 2025

Das Programm sei in voller Blüte, sagt Pleitgen weiter. Für 2025 seien schon neun deutsche Städte in Stellung gegangen.
"Man hat schon begriffen, dass dieses Programm etwas bewirkt und das Kultur überhaupt ein sehr starker Standortfaktor ist. Das haben ja viele Kommunalpolitiker überhaupt nicht kapiert. Immer, wenn es etwas zu sparen gibt, fängt man mit dem Kulturetat an, der sowieso ziemlich mickrig ist und mit dem man sowieso nicht die Defizite wieder ausbügeln kann. Also, die Kulturhauptstadt als Programm hat sich bewährt."
Mit Blick auf die Kulturhauptstadt Essen und Ruhrgebiet 2010 sagte Pleitgen, das Ruhrgebiet sei ja zuvor nicht gerade eine Touristenziel par excellence gewesen:
"Aber seit der Kulturhauptstadt sind die Touristenzahlen ständig nach oben gegangen. Jetzt habe ich gelesen: acht Millionen Übernachtungen. Damit hatte niemand gerechnet, und es sollen zwanzig Hotels in Planung sein."

Nachhaltige Wirkung

"Es soll ja nicht nur dieses Programm für die zwölf Monate brillieren, sondern es soll eine nachhaltige Wirkung erzielen."
Für 2010 hätten sich die Ruhr-Kunstmuseen zu einer Allianz zusammengeschlossen, sie würden die Ausstellungen aufeinander abstimmen und gemeinsam Marketing und Werbung betreiben. Das gleiche gelte für die Ruhrbühnen. Das Dortmunder U sei ein Projekt der Kulturhauptstadt Europas 2010 und habe im letzten Jahr die Auszeichnung "Kulturmarke in Deutschland" erhalten.
Auch wenn sich die Städte vor allem bewerben würden, um an Geld zu kommen, sei nichts dagegen einzuwenden, sagt Pleitgen:
"Ja, ist doch gut. Das Geld kommt ja der Allgemeinheit zugute. Ich habe überhaupt nichts gegen Geld, wenn es einem gutem Zweck dient, und wenn damit öffentliche Einrichtungen geschaffen werden, die der Allgemeinheit dienen. Dann ist doch das Ziel erreicht."
"Es werden schöne Projekte entwickelt. Das mobilisiert die Ideen in unglaublicher Weise. Dinge werden angefasst, die man sich früher nicht zugetraut hatte. Und plötzlich wird etwas umgesetzt, was früher als ein Ding der Unmöglichkeit erschien."

Kultur mal im Vordergrund

"Seien sie nicht zu skeptisch", rät Pleitgen in Bezug auf Leeuwarden und Valetta, auch wenn das kleine Städte seien.
"Das ist eine ganz tolle Geschichte, dass die Kultur dort mal so in den Vordergrund gestellt wird und nicht immer als so etwas Lästiges behandelt wird. Das sei allen Kommunalpolitikern ins Stammbuch geschrieben. Das möchte ich in aller Leidenschaft sagen."
(mf)
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