Neue Intendantin am Hans-Otto-Theater Potsdam

"Wir haben nach starken Frauenrollen gesucht"

Die neue Intendantin Bettina Jahn, aufgenommen vor dem Hans-Otto-Theater in Potsdam, Brandenburg.
Die neue Intendantin Bettina Jahn, aufgenommen vor dem Hans-Otto-Theater in Potsdam, Brandenburg. © Bernd Settnik/dpa-Zentralbild/ZB
Bettina Jahnke im Gespräch mit Janis El-Bira · 26.05.2018
Die zukünftige Intendantin am Hans-Otto-Theater in Potsdam, Bettina Jahnke, hat einiges vor: Sie will nicht nur das Theater zum benachbarten Berlin hin öffnen, sondern auch Frauen in starke Rollen bringen und die Ost-West-Frage thematisieren.
Der Theaterstandort Potsdam gilt bei vielen Intendanten als schwieriges Terrain. Immer ein wenig im Schatten der Theatermetropole Berlin, trifft hier eine wohlhabende Bürgergesellschaft auf die vergleichsweise strukturschwache Region Brandenburg – und dann liegt auch noch das städtische Hans-Otto-Theater zwar idyllisch, aber eben nicht gerade zentral am Potsdamer Stadtrand. Genau hier übernimmt ab September die bisherige Neusser Intendantin Bettina Jahnke die Leitung. Sie plant, das Hans-Otto-Theater wieder stärker zur Stadt hin zu öffnen.

Die Interessen der Schauspieler berücksichtigen

Jahnke betont außerdem den Wert des Ensembles. Angesprochen auf die Debatte um die vermeintliche "Verzwergung" der Schauspieler, die der Schauspieler Fabian Hinrichs als Juror des Alfred-Kerr-Darstellerpreises beim Berliner Theatertreffen angestoßen hat, sagt Jahnke:
"Ich finde den Zwischenruf von Fabian Hinrichs toll, ich finde ihn auch wichtig. In der Verallgemeinerung ist er dann wieder natürlich extrem übertrieben, aber ich verstehe das. Ich finde es viel wichtiger, dass man darüber redet, warum man bestimmte Stücke macht. Ich finde es wichtig, dass da eine transparente und offene Kommunikation stattfindet. Wir werden in Zukunft auch Rechercheprojekte machen, Stückentwicklungen machen und da die Interessen der Schauspieler berücksichtigen. Das ist so eine Form von Durchlässigkeit, dass eine bestimmte Besetzung in bestimmten Stücken mit bestimmten Regisseuren auch eine Freiwilligkeit miteinschließen kann."

Frauen sollen nicht bloß Zuarbeiterinnen auf der Bühne sein

Darüber hinaus will Bettina Jahnke in Potsdam vor allem eine starke Frauenquote etablieren: 50 Prozent sind das Ziel. Unter den Regisseurinnen und Regisseuren der neuen Spielzeit und im Ensemble ist ihr das bereits gelungen, bei den Autoren sieht sie die künftige Intendantin hingegen noch Nachholbedarf.
"Wir haben vor allem nach starken Frauenrollen gesucht. Weil ich eben gesagt habe: Nicht nur die Regisseurinnen, sondern auch die Schauspielerinnen möchte ich gerne in großen, starken Frauenrollen sehen. Aber wir haben es als Aufgabe für die nächsten Spielzeiten, uns auch bei den Autorinnen besser aufzustellen. Ich finde es ganz wichtig, dass eben auch die Themen der Frauen auch auf die Bühne kommen und dass sie auch von Frauen erzählt werden. Ich habe ja nun statt zehn elf Schauspielerinnen – dass die auch was zu spielen bekommen! Und dass sie nicht Zuarbeiterinnen sind und Wasserträgerinnen sind, sondern dass sie selber mit einer großen, schönen, starken Figur auf der großen Bühne auch zu sehen sind."

Ost-West-Frage sei im Westen kein Thema mehr

Inhaltlich will Jahnke vor allem mit Stoffen überzeugen, die einen starken Regionalbezug aufweisen und die Ost-West-Frage, "die im Westen kein Thema mehr" sei, neu thematisieren.
"Für mich ist das ein Thema! Ich merke auch mit meiner Sozialisierung, dass ich da immer wieder drauf stoße, dass es immer wieder die Frage ist: Wie sind wir das geworden, was wir heute sind, und was ist damals passiert und was sind da für Geschichten, die vielleicht auch noch nicht erzählt worden sind?"
Programmatisch erscheint da auch der Stoff, den Bettina Jahnke zur Eröffnung ihrer ersten Spielzeit am 22. September gewählt hat: Eugen Ruges Roman "In Zeiten des abnehmenden Lichts" – dann in der Regie der Intendantin selbst.
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