Neue Alben

Wenn fremde Songs ganz eigen klingen

Albumcover: "Gentlewoman, Ruby Man" von Flo Morrissey und Matthew E. White (Ausschnitt)
"Gentlewoman, Ruby Man": Flo Morrissey und Matthew E. White singen gemeinsam Cover-Versionen. © Glassnote Entertainment Group
Von Mathias Mauersberger · 13.01.2017
Ein Cover-Album das überzeugt. Auf "Gentlewoman, Ruby man" geben Flo Morrissey und Matthew E. White im Duett den Songs von anderen den ganz eigenen Touch. Außerdem neu im Plattenregal: "Desintegration" von Klez.e und "Migration" von Bonobo.

Flo Morrissey & Matthew E. White - "Gentlewoman, Ruby man"

Matthew E. White kannte man bislang vor allem als bärtigen Country-Rocker mit sanfter Soul-Stimme. Der Sänger und Multi-Instrumentalist aus Virginia ist aber auch ein begabter Produzent: 2014 verhalf er der Sängerin Natalie Prass zu einem sensationellen Debüt. Nun hat er in seinem "Spacebomb-Studio" einer weiteren Newcomerin Starthilfe gegeben: der 22-jährigen Flo Morrissey.
2015 sangen White und Morrissey in London ein Duett von Lee Hazlewood und Nancy Sinatra. Jetzt haben sie eine ganze Platte mit Cover-Versionen nachgelegt: "Thinking about You" von Frank Ocean wird zur retro-souligen Power-Ballade, das Titelstück des Musicals "Grease" mutiert zum legeren 70ies-Stampfer. Mit "Gentlewoman, Ruby Man" hauchen Matthew E. White und Flo Morrissey der Gattung Cover-Album neues Leben ein – schon lange nicht mehr klangen Fremdkompositionen so eigen.

Klez.e - "Desintegration"

1989 war nicht nur das Jahr, in dem die Berliner Mauer fiel; es war auch das Jahr, in dem die britische Gruppe The Cure ihr Album "Disintegration" veröffentlichte. Tobias Siebert wohnte damals in Ostberlin und wuchs mit Songs wie "Lullaby" oder "Lovesong" auf. Mit seiner Gruppe Klez.e hat er nun seine persönliche The-Cure-Hommage veröffentlicht: "Desintegration".
Die melodischen Bassläufe, der verhallte Sound – vieles auf der vierten Klez.e-Veröffentlichung erinnert an Robert Smith und Kollegen. Die Texte allerdings sind politisch hochaktuell: Im Song "Mauern" singt Siebert von "fliegenden Pflastersteinen", im "Lobbyisten" ist von der "mächtig großen" U.S.A und einer "folgsamen Herde" die Rede. All das passt in Zeiten von Pegida und Donald Trump. "Desintegration" von Klez.e ist wahrscheinlich jetzt schon eins der wichtigsten deutschsprachigen Alben des Jahres.

Bonobo - "Migration"

Bonobo, so nennt sich eine Primatenart aus der Familie der Menschenaffen. Bonobo ist aber auch das Pseudonym des britischen Elektronik-Produzenten Simon Green. Dessen sechstes Werk "Migration" präsentiert melancholische Reflexionen über das Reisen und die Vergänglichkeit.
Ein Todesfall in der Familie inspirierte Green zum Titel seiner neuen Platte. Die Songs wiederum wurden zwischen Berlin und New York aufgenommen, in Hotelzimmern und Flugzeugen arrangiert. Musikalisch verströmen die zwölf Tracks eine ruhige, andächtige Atmosphäre; die wenigen Stücke mit Gesang wirken fast wie Fremdkörper. Ein Meilenstein ist "Migration" von Bonobo zwar nicht; dafür aber das perfekte Album für eine nächtliche Zugfahrt mit Kopfhörer. Oder den nächsten langen Flug nach Übersee.
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