Neue Alben

Geordnete Popmusik und ein großer Wurf

Die US-Band Snail Mail bei einem Auftritt im Januar 2018 - im Vordergrund Frontfrau Lindsey Jordan
Die US-Band Snail Mail im Januar 2018 © imago/ZUMA Press
Von Carsten Rochow · 08.06.2018
Wuchtige Drums bietet das Debütalbum "Lush" der 18-jährigen Lindsey Jordan und ihrer Band Snail Mail. Das Album "So Sad So Sexy" der Schwedin Lykke Li klingt dagegen klinisch sauber. "Babelsberg" von Gruff Rhys wirkt, als sei die Platte schon immer da gewesen.

Snail Mail – "Lush"

"Wahnsinnig begabt", "weisester Teenager des Indie-Rock", "Künstlerin des Monats": US-Musikblogs kleckern nicht mit Lob für die erst 18-jährige Lindsey Jordan aus Maryland und ihre Band Snail Mail. Heute erscheint das Debütalbum "Lush".
Also was ist dran an Snail Mail? Da ist diese ungewöhnliche Reife in den Texten: selbstreflektiert, selbstironisch, selbstbewusst. Auch die Musik klingt reif, zeitlos und eindringlich, mit schönen Harmoniefolgen, angriffslustigen Indie-Rock-Gitarren und wuchtigen Drums.
Mit "Lush" gelingt Snail Mail gleich zum Debüt ein großer Wurf. Die Leute sollen sich mit der Musik befassen, und nicht mit ihrem Alter oder dass sie lesbisch und ein Mädchen ist, sagt Lindsey Jordan. Und: Ein Mädchen zu sein, sei kein Genre. Wenn das nicht weise ist.
<h2>Lykke Li – "So Sad So Sexy"</h2> Zarte, schwedische Melancholie mit sehnsüchtigen Hooks voller Schmerz und Hoffnung - dafür wurde Lykke Li auf drei Alben gefeiert. Mit dem Neuen – "So Sad So Sexy" – schlägt die Schwedin das nächste Kapitel auf. Und das bringt eine überraschende Wendung. Bei Lykke Li ist nichts mehr, wie es war. Kein Björn Yttling von Peter, Björn and John mehr an ihrer Seite, mit dem sie bisher alle Platten zusammen aufgenommen hat. Dafür eine ganze Riege etablierter Hit-Macher, die schon die Songs von Beyoncé, Bruno Mars, Rihanna und Lana Del Ray für Spitzenplätze scharf geschaltet haben. Herausgekommen ist klinisch sauberer US-Charts-Sound. Auch die selbstbewusste Stimme von Lykke Li hilft kaum über den Umstand hinweg, dass das Album "So Sad So Sexy" belanglos und austauschbar ist — also ziemlich unsexy.

Gruff Rhys - Babelsberg

Liebe Leute aus Potsdam, um es gleich vorwegzunehmen, ja, der Walisische Musiker Gruff Rhys ist mal durch Babelsberg gefahren und hat sich den Ortsnamen notiert. Jetzt heißt seine Platte so, die sonst leider nichts mit eurem schönen Stadtteil zu tun hat. Dafür aber mir reich orchestrierter Popmusik.
"Babelsberg" soll hier das Bild des Turmbaus zu Babel evozieren und das Chaos, das dadurch entstanden ist. Musikalisch ist aber alles geordnet und im Einklang. Wenn sich der Sänger der Super Furry Animals ins tiefe Stimmregister begibt, erinnert seine Musik an die Walker Brothers, nur ohne das Theatralische, aber mit noch üppigeren Orchester-Arrangements.
Gruff Rhys' neues Album "Babelsberg" fühlt sich an, als sei es schon immer da gewesen. Vertraut, romantisch, malerisch - liebe Potsdamer, genau wie euer Stadtteil.
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