Neu im Kino: "Victoria & Abdul"

Die Monarchin und ihr muslimischer Freund

Szene aus dem Film "Victoria & Abdul".
Szene aus dem Film "Victoria & Abdul". © Focus Features
Von Hannelore Heider · 28.09.2017
Der Historienfilm "Victoria & Abdul" basiert auf der wahren Begegnung und Freundschaft zwischen Queen Victoria und dem indischen Diener Abdul Karim. Während sich die verbitterte Monarchin öffnet, bringen sich die erbosten Hofschranzen in Stellung - ein Seherlebnis.

Worum geht es?

1887 begegnen sich bei den Feierlichkeiten zum 50. Thronjubiläum in London die britische Monarchin und Kaiserin von Indien, Victoria, und der indische Diener Abdul Karim. 44 Jahre jünger als sie und Moslem, wird er trotz seines niedrigen Standes ihr Munshi, ihr Lehrer. Auf ihren Wunsch lehrt er sie Urdu sprechen und sogar schreiben, sie lernt den Koran kennen und die Kultur der indischen Moslems. In den gemeinsamen Stunden öffnet sich der Panzer um die verbitterte Monarchin, sie ist neugierig wie ein Schulmädchen und stolz, wenn Erfolge eintreten. In Stephen Frears‘ Film werden die beiden wirklich zu Freunden, die Queen lässt Abduls Familie sogar im Umkreis des Hofes wohnen. Das alles erbost die Hofschranzen, was Futter ist für Stephen Frears‘ satirische Beobachtungen.

Was ist das Besondere?

Stephen Frears liefert einen prächtigen Historienfilm und stattet die Hofgesellschaft genüsslich aus. Das ist allerdings nur Kulisse für den großartigen Auftritt der Hauptfigur und Rahmen für ihre außergewöhnliche und anrührende Beziehung zu einem Fremden. Beider Korrespondenz wurde nach Victorias Tod komplett vernichtet. Anders als im Film, in dem Abdul mit Schimpf und Schande davongejagt wird, lebte er bis 1909 auf seinen Gütern in Indien, ein Geschenk von Victoria, wo 2010 auch das persönliche Tagebuch Abdul Karims gefunden wurde.

Bewertung:

Es mag nur eine Petitesse sein im gut ausgeleuchteten Leben von Queen Victoria, die ja einer ganzen Epoche ihren Namen gab, aber es war eben eine neue und gut in unsere Zeit passende Geschichte, die erst mit dem Fund von Abdul Karims persönlichen Tagebüchern ans Licht kam. Stephen Frears hat die Chance erkannt, daraus ein ebenso prächtiges historisches wie im Geist ganz modernes Kinomärchen zu machen. Zumal er die ideale Hauptdarstellerin schon hatte. In ihrer vierten Zusammenarbeit porträtiert Judi Dench gänzlich uneitel eine alte verbitterte Frau, die durch das Zusammentreffen mit etwas Neuem und Fremden einen fast jungmädchenhaften Charme wieder erlangt. Das mit anzusehen ist ein Erlebnis!

"Victoria & Abdul"
GB, USA 2017
Regie: Stephen Frears
Darsteller: Judi Dench, Ali Fazal, Eddie Izzard, Adeel Akhdar, Olivia Williams, Michael Gambon, u.a.
112 Minuten, ab 6 Jahren

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