Neu im Kino: "Stonewall"

Der Film zu Roland Emmerichs Coming-out

Regisseur Roland Emmerich vor der Kino-Leuchttafel mit der Aufschrift "Premiere Stonewall"
Regisseur Roland Emmerich bei der Deutschlandpremiere des Films "Stonewall" im Kino International. © picture alliance / dpa / Britta Pedersen
Von Jörg Taszman · 18.11.2015
Mit 60 Jahren hat der deutsche Hollywood-Regisseur Roland Emmerich nun seinen Coming-out-Film gedreht: "Stonewall" handelt von einem jungen Amerikaner, der sich 1969 in New York in einen politischen Aktivisten verliebt und bei den Unruhen in Stonewall ausrastet. Allerdings hat sich Emmerich nicht genug getraut.
Es kommt leider immer wieder vor, dass sich Kritiker und Lobbygruppen auf einen Film mit einer Häme einschießen, die sich beim näheren Hinsehen kaum noch nachvollziehen lässt. Getroffen hat es diesmal den Deutschen in Hollywood, Roland Emmerich, der nun im reiferen Alter von 60 seinen Coming-Out-Film dreht, nachdem er sich offen zu seiner Homosexualität bekannte.
Schon nach dem Trailer brach im Internet ein Shitstorm los. Echauffierte Aktivisten lancierten eine Petition gegen den Film, warfen dem Regisseur Verfälschung der Geschichte und zu wenige schwarze Schwule vor. An den US-Kinokassen floppte dieser Emmerich dann auch noch gigantisch. Nach drei Wochen verschwand das Werk komplett, es hatte gerade einmal 187.000 Dollar eingespielt. Es ging also alles schief, was nur schief gehen konnte.
Grünschnabel aus Kansas mit Drag-Queens und Transgender
Natürlich darf niemand vom Regisseur von "Independence Day" oder "2012" einen kleinen rohen Arthouse-Film erwarten, auch wenn das Budget dieser Hochglanzproduktion nur einen Bruchteil seiner üblichen Katastrophenfilme betrug. Emmerich erzählt klassisch von einem jungen hübschen blonden All-American-Boy aus Kansas, der nach 1969 nach New York kommt. Danys Vater ist der Trainer der lokalen American Football Mannschaft, ein herrischer Familienvater der noch mit "Sir" angesprochen wird.
Als heraus kommt, dass Danny Jungs mag, setzt der Coach seinen Sohn vor die Tür. Im wilden hippen New York der Christopher Street lernt der Grünschnabel aus Kansas dann gleich Straßenjungs, Drag-Queens und Transgender kennen. Er verliebt sich in einen politischen Aktivisten und rastet bei den Unruhen in Stonewall aus.
Sympathischer, vorhersehbarer Film
Wie so oft im amerikanischen Kino werden Szenen von (Polizei-) Brutalität expliziter gefilmt als Zärtlichkeiten, Erotik und Sex. Hier hält sich Emmerich anständig und schon fast prüde zurück. Genutzt hat es ihm nichts, weil im Amerika der 2000er-Jahre jeder Film, in dem geflucht wird, der Drogenkonsum zeigt oder Sex nur andeutet, schon mit einem R-Rating bestraft wird. Jugendliche unter 17 dürfen den Film in den USA nicht sehen.
Und wenn man diesem konventionellen Film mit vielen guten unbekannten Darstellern etwas vorwerfen kann, dann höchstens, dass sich Emmerich nicht genug getraut hat. Auch dramaturgisch sind die 130 Minuten bei Weitem nicht alle zwingend. Und doch ist "Stonewall" ein sympathischer und manchmal sogar richtig sehenswerter Film. Natürlich vorhersehbar, aber das ist derzeit jede US-Produktion. Und wenn der Film dann am Ende schön emotional wird, darf man auch ruhig einmal eine Träne verdrücken. Why not.
"Stonewall"
USA 2015; Regie: Roland Emmerich; Darsteller: Jeremy Irvine, Jonny Beauchamp, Vladimir Alexis; ab 12 Jahren; 129 Minuten
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