Neu im Kino: "Sibylle"

Eine Frau treibt in den Wahnsinn

Die Schauspielerin Anne Ratte-Polle in der Rolle der Titelheldin in einer Szene des Films "Sibylle" von Michael Krummenacher
Anne Ratte-Polle stellt in "Sibylle" von Michael Krummenacher die Titelheldin dar. © eksystent distribution filmverleih
Von Hannelore Heider · 03.02.2016
Ein tödliches Ereignis im Familienurlaub wirft eine Architektin aus der Bahn. In einer dramatischen Spirale steuert sie auf den Wahnsinn zu. Der junge Schweizer Regisseurs Michael Krummenacher beweist mit dem Psychothriller "Sibylle" vor allem Freude am Spiel mit den Elementen des Genres.
"Sibylle" vom jungen Schweizer Regisseur Michael Krummenacher, wird als Psychothriller angekündigt, in dem handwerklich perfekt auch viele Horrormomente eingebaut sind. Insofern hat der Absolvent der Münchener Hochschule für Fernsehen und Film zusammen mit seinem Kameramann Jacob Wiessner und dem Toningenieur Jörg Elsner belegt, dass sich junge Filmemacher wieder mehr und mit Erfolg Genrefilmen zuwenden.
Erzählt wird die Geschichte der Frau Sibylle, die im tristen Familienurlaub einer Wiedergängerin begegnet, Zeuge ihres Todes oder Selbstmordes wird und sich daraufhin zunehmend irritiert durch Wahrnehmungsverschiebungen in den Wahnsinn oder eben in den klassischen Horror reitet.
Die Heldin kämpft gegen den Kontrollverlust
Das ist in einer dramatisch immer höher gedrehten Spirale von Realitätsverlust, körperlichem Verfall und Wahn ein Spiel mit filmischen Möglichkeiten und Vorbildern, das es dem Zuschauer nicht leicht macht, vor allem Empathie mit der Hauptfigur zu empfinden. Ihre gewohnte Welt, auch die Arbeitswelt im Architektenbüro mit ihrem Partner (Thomas Loibl), wird ihr komplett fremd und man ist geneigt, das als psychische Folge einer Lebenskrise oder ihrer Unfähigkeit zu deuten, sich auf natürliche Veränderungen zum Beispiel im Familiengefüge einzulassen.
In den Kampf der Heldin gegen Kontrollverlust aber sind nun wieder schlichte Horrorelemente eingebettet, die dem Zuschauer signalisieren, sich auf Erklärungsversuche gar nicht erst einzulassen. Bewundernswert, wie Anne Ratte-Polle diesen Spagat hinkriegt, aber die Distanz zu ihrer Figur kann auch sie nicht überwinden.
Eine Art von Empathie aber wäre nötig, um Gefühle auch wie Schock oder Gruseln beim Zuschauer auszulösen. Dafür aber bleibt der Film von der ersten Szene an zu sehr Objekt der Spielfreude seiner Macher.

Sibylle
Deutschland, Italien 2015 - Regie: Michael Krummenacher, Darsteller: Anne Ratte-Polle, Thomas Loibl, Dennis Kamitz, Levi Lang, Heiko Pinkowski - 86 Minuten, ab 12 Jahren
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