Neu im Kino

Gefühle auf Knopfdruck

Dietmar Bär (l-r), Hans-Joachim Heist, Regisseurin Katja von Garnier und die Schauspieler Kai Wiesinger und Bettina Zimmermann bei der Premiere des Kinofilms "Alles steht Kopf" 2015 in Berlin
Dietmar Bär (l-r), Hans-Joachim Heist, Regisseurin Katja von Garnier und die Schauspieler Kai Wiesinger und Bettina Zimmermann bei der Premiere des Kinofilms "Alles steht Kopf" 2015 in Berlin © picture alliance / dpa / Jörg Carstensen
Von Anna Wollner · 26.09.2015
Nicht weniger als 14 Filme starten in der kommenden Woche im Kino. Filme, die unterschiedlicher nicht sein können. Anna Wollner hat drei von ihnen schon mal vorgespult, darunter der düstere Drogenthriller "Sicario" und der Stimmungsaufheller "Alles steht Kopf".
"Keine Bewegung. Hinlegen. Wo sind die Geiseln. Wo sind die Geiseln. Beine über Kreuz. Polizei."
Schon die erste Szene von "Sicario" hat es in sich. Ein Sondereinsatzkommando des FBI stürmt ein Haus, in dem es Drogendealer vermutet. Aber das Haus ist leer. Statt Geiseln gibt es Leichen. Eingemauert in den Wänden.
"Alles ok? Macer? Ja. Warum hat er geschossen. Hier ist keiner. Verflucht."
"Sicario" von "Prisoner"-Regisseur Denis Villeneuve nimmt den Zuschauer mit hinein in einen schonungslosen, korrupten und aussichtslosen Krieg um Drogen und Macht. Äußerst brutal und mit einer moralischen Gratwanderung. Kate Macer, gespielt von Emily Blunt, wechselt in eine internationale Task-Force, deren Handeln im Ausland eigentlich tabu und damit illegal ist.
"Wir müssen erreichen, dass die Emanuel nach Mexiko holen. Das ist unser Ziel Kate. Wir haben keine rechtliche Handhabe in Mexiko. Wir haben nichts. Wir müssen jetzt was unternehmen. Ich kann ihn nicht verhaften."
Eine der stärksten Szenen des Films: das minutenlange Abfilmen einer Autofahrt durch die Grenzstadt El Paso aus der Vogelperspektive. Die Fahrt endet im Stau an der Grenze und kulminiert in einer Schießerei zwischen Drogendealern und FBI. Mitten zwischen Zivilisten. Es sind vor allem die unvergesslichen und stimmungsvoll düsteren Bilder von Kameramann Roger Deakins, die "Sicario" zu einem der stärksten Drogenthriller der letzten Jahre machen.

Sicario
Regie: Denis Villeneuve
Mit: Emily Blunt, Josh Brolin, Benicio Del Toro
Länge: 121 Minuten
Land: USA 2015

Kommen wir zu etwas ganz anderem, einem wahren Stimmungsaufheller, einem ganz wunderbaren Kinovergnügen für alle Alterskategorien. "Alles steht Kopf".
"Höchste Alarmbereitschaft. Gefährlicher Geruch meine Freunde. Sekunde, was ist das? Das ist Ekel. Sie beschützt Riley hauptsächlich davor vergiftet zu werden. Körperlich und gesellschaftlich."
Was für eine grandiose Idee: Pixar-Regisseur Pete Docter lässt in "Alles steht Kopf" die Gefühle Freude, Kummer, Angst, Ekel und Wut auf einer Kommandobrücke wie bei einem Raumschiff in unserem Gewissen über unsere Handlung entscheiden. Wer darf welche Knöpfe drücken, wer löst dabei welche Gefühle aus und bestimmt über unsere Persönlichkeit.
"Angst, ich brauche eine Liste aller möglichen negativen Ereignisse am ersten Tag einer neuen Schule. Schon erledigt. Wie schreibt man noch mal Meteorit."
Fröhlich sein, das vielleicht Höchste der Gefühle ist das erklärte Ziel im Film und wird über die elfjährige Riley erzählt, die mit ihrer Familie in eine neue Stadt zieht und ein wahres Gefühlschaos erlebt. Ein Film, der zu Tränen rührt und zum Lachen bringt. Schon jetzt auf einer Stufe mit "Oben", "Wall-E" und Toy Story.
"Freude wüsste, was zu tun ist. Genau. Und bis sie zurück ist tun wir einfach das, was Freude tun würde. Super Idee. Wut, Angst, Ekel. Wie sollen wir es schaffen fröhlich zu sein?"
Alles steht Kopf
Regie: Pete Docter
Länge: 94 Minuten
Land: USA 2015
Ein knappes Jahr nach "Im Labyrinth des Schweigens" kommt mit "Der Staat gegen Fritz Bauer" der schon zweite Film über den hessischen Generalstaatsanwalt ins Kino. War Bauer bei "Im Labyrinth des Schweigens" noch eine Nebenfigur, wird er hier zur Hauptfigur.
"Ein Mann namens Lothar Herrmann glaubt Adolf Eichmann in Argentinien entdeckt zu haben. Obersturmbannführer der SS, Leiter der Abteilung IV m Reichsicherheitshauptamt. Zuständig für die Umsiedlung der Juden. Die Ermittlungsakte wurde bereits 1945 angelegt. Und was willst du jetzt tun? Ihn in Deutschland vor Gericht stellen."
Lars Kraumes Drama mit Burkhardt Klaussner in der Hauptrolle zeigt akribisch wie Bauer auf der Suche nach Eichmann gearbeitet hat, trotz oder gerade wegen aller Bemühungen von deutscher Seite, ihn genau daran zu hindern.
"Weißt du, ich dachte nach 45 wirklich wir hätten das Böse besiegt. Ich dachte, wir könnten jetzt eine neue Gesellschaft errichten. Frei, gerecht, brüderlich. Aber die Leute wollen gar keine Vision. Sie wollen ihre freundlichen Einfamilienhäuser einziehen und sich einen Kleinwagen kaufen. Sie wollen Adenauers verfluchte Versöhnung."
Die Auseinandersetzung mit der eigenen Vergangenheit, das war Fritz Bauers Ziel. Dem Film gelingt das von der ersten bis zur letzten Minute. Fast schon kammerspielartig und konzentriert überzeugt "Der Staat gegen Fritz Bauer" nicht nur durch die schauspielerische Leistung Klaussners, sondern vor allem auch durch die dichte und spannende Inszenierung, deren Ausgang bekannt ist.
"Die Restauration hat mal wieder die Revolution besiegt. Wie schon so oft in Deutschland."

Der Staat gegen Fritz Bauer
Regie: Lars Kraume
Mit: Burkhhardt Klaussner
Länge: 105 Minuten
Land: Deutschland 2015

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