Neu im Kino: "Das melancholische Mädchen"

Die Liebe in Hipster-Zeiten

06:05 Minuten
Marie Rathscheck sitzt auf einem altmodischen Sofa im Biedermeier-Stil und blickt den Betrachter an. Auf der Sofalehne befinden sich Mädchenpuppen im Barbie-Stil. Auf dem Tisch vor ihr steht ein einzelner Damenschuh, ein Glas mit Wasser und eine geöffnete Zigarettenschachtel.
Die Schauspielerin Marie Rathscheck in "Das melancholische Mädchen" von Susanne Heinrich. Der Film überzeugt durch seine Mischung aus Ironie und Experimentierfreude. © Salzgeber & Co. Medien GmbH
Von Patrick Wellinski · 26.06.2019
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Hochintelligent und witzig blickt Regisseurin Susanne Heinrich in ihrer Komödie "Das melancholische Mädchen" auf eine neurotische Gesellschaft und die Suche nach Liebe darin. Damit gewann sie den diesjährigen Max-Ophüls-Preis.

Worum geht es?

Das melancholische Mädchen ist traurig. Die Welt, in der sie lebt, macht ihr zu schaffen. Vor allem die täglichen Diskurse um Sexualität und Liebe verwirren sie. In 15 Episoden sucht sie nach einem Schlafplatz im hippen Berlin und lernt dabei so einiges über die Gesellschaft mit allen ihren Neurosen und Macken. Aber wirklich glücklich wird das melancholische Mädchen dabei nicht.
Wie auch? Die großen Liebesideale haben wir alle längst über Bord geworfen.
Marie Rathscheck liegt bei einer Therapiestunde auf dem Praxissofa und erzählt, während der Psychoanalytiker aufmerksam zuhört und sich Notizen macht.
Das melancholische Mädchen (Marie Rathscheck) sucht in Zeiten der Verwirrung auch Rat bei einem Psychoanalytiker (Markus Nechleba).© Salzgeber & Co. Medien GmbH

Was ist das Besondere?

Der Debütfilm der Schriftstellerin und Regisseurin Susanne Heinrich hatte Premiere beim Max-Ophüls-Preis in Saarbrücken im Januar und gewann dort auch den prestigeträchtigen Hauptpreis.
Hochintelligent und auf der Höhe jedes Feuilletondiskurses der letzten Jahre seziert und hinterfragt Heinrich mit messerscharfen, pastelligen Bildtableaus nicht nur Gender- und Rollenklischees, sondern sucht auch nach den Möglichkeiten und Unmöglichkeiten der Liebe in Hipster-Zeiten.
Nüchtern, lakonisch und mit zahlreichen filmischen Verweisen, z.B. auf Buster Keaton, entsteht so eine moderne Komödie auf der Höhe der Zeit.

Bewertung

Susanne Heinrichs "Das melancholische Mädchen" ist ein ausgesprochener Glücksfall für das deutsche Kino. Selten sieht man eine so mutige und furchtlose Auseinandersetzung mit der Gegenwart. Smart, ohne dogmatisch zu sein; theoriefreundlich, ohne zu langweilen: das sind – auf diesem Niveau – Qualitäten, mit denen eigentlich nur das französische Kino aufwartet.

"Das melancholische Mädchen"
Deutschland, 2019
Regie: Susanne Heinrich
Länge: 100 Min. FSK 12

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