Neu im Kino: "Blade Runner 2049"

Bilder für die Ewigkeit

"Blade Runner 2049"
Szene aus dem Film "Blade Runner 2049" von Denis Villeneuve. © imago/ZUMA Press/Columbia Pictures
Von Anna Wollner · 05.10.2017
Ridley Scott hat 1982 mit "Blade Runner" einen Meilenstein der Filmgeschichte erschaffen, obwohl der Film erst später Kultpotential entwickelte. Die Fortsetzung, in der auch Harrison Ford mitspielt, beeindruckt vor allem durch die filmische Darstellung der Zukunft.

Worum geht es?

"Blade Runner 2049" spielt genau 30 Jahre nach dem ersten Film. Drei Kurzfilme, die durchs Internet kursieren, erzählen das Dazwischen.
Die Welt ist noch genauso düster wie 2019, ein großer Blackout hat zu erheblichen Datenverlusten geführt, ein Großteil der menschlichen Erinnerung wurde ausgelöscht, das Ökosystem ist zusammen gebrochen. Noch immer machen Blade Runner Jagd auf die Replikanten, um sie in den Ruhestand zu versetzen, sprich zu töten. Einer davon ist K, gespielt von Ryan Gosling, der ein großes bisher verschwiegenes Geheimnis aufklären will und auf Deckard trifft. Mehr sollte man über die Handlung des Films nicht sagen, denn selbst Regisseur Denis Villeneuve hat in einer Einblendung vor dem eigentlichen Film darum gebeten, so wenig wie möglich von der Handlung preis zu geben. Im Falle von "Blade Runner 2049" ergibt das Sinne, denn das Narrativ der Geschichte ist eine Aneinanderreihung von überraschenden Wendungen.

Was ist das Besondere?

Regisseur Denis Villeneuve kreiert mit seinem Kameramann Roger Deakins Bilder für die Ewigkeit. Nach 13 Oscarnominierungen für Deakins MUSS es dieses Mal endlich mal klappen. Denn "Blade Runner 2049" ist visuell atemberaubend und hat Momente, die bleiben werden. Eine Begegnung zwischen Deckard und K in einem Nachtclub, im Hintergrund ein unscharfes, singendes Elvishologram; der Moment, als aus dem Hologramm Joi, der digitalen Freundin von K und einer menschlichen Prostituierten eine Person wird und Villeneuve Bilder findet, an denen Spike Jonze in "Her" noch gescheitert ist. Und dann diese Landschaften – Las Vegas als radioaktive Wüste, gebeutelt und geprägt von roten Sandstürmen, San Diego als Müllkippe, das düstere, heruntergekommene und verregnete L.A., ein Moloch mit digitalen Werbetafeln und Überbevölkerung. Es sind Bilder, bigger than life.

Bewertung

"Blade Runner 2049" ist keine klassische Fortsetzung im Sinne des Prequel- und Sequel-Wahns Hollywood. "Blade Runner 2049" ist vielmehr eine filmische Verlängerung des Originals, eine Verbeugung und eine Art Echo. Rick Deckard ist alt und mürrisch geworden, genau wie Harrison Ford. Ryan Gosling, der mit "Lalaland" in diesem Jahr ja schon beeindruckt hat, ist hier wesentlich regungsloser unterwegs, erinnert vom Gesichtsausdruck eher an das raue, harte aus "Drive" oder "Only God Forgives".

Seine Figur ist es dann auch, die im Zusammenspiel mit der Erinnerungs-Programmiererin Dr. Ana Stelline (Feuchtgebiete-Star Carla Juri) die philosophische Last auf ihren Schultern tragen. Die Frage aus dem ersten Film: Was macht einen Menschen aus? entwickelt der Film weiter zur Auseinandersetzung, was ein Mensch überhaupt ist. Auch wenn die Dialoge dabei manchmal etwas ungelenk klingen, sind es gerade diese Aspekte, die dem Film die dramaturgische Tiefe verleihen. Den Sci-Fi-Film mit dem größten Nachhall und Eindruck hat Villeneuve allerdings letztes Jahr schon gedreht und der hieß "Arrival".

Die Filmmusik

Zuerst erhielt der Isländer Jóhann Jóhannsson den Auftrag, die Filmmusik für "Blade Runner 2049" zu schreiben. Er hatte bereits bei mehreren Projekten wie "Sicario" und "Arrival" erfolgreich mit Regisseur Denis Villeneuve zusammengearbeitet. Doch wenige Wochen vor Kinostart folgte die Kehrtwende: Nicht Jóhann Jóhannsson, sondern Benjamin Wallfisch gemeinsam mit Hollywood-Urgestein Hans Zimmer sollten den Soundtrack zu "Blade Runner 2049" übernehmen, verkündete Villeneuve.
Die Macher von "Blade Runner 2049" haben hier eine echte Chance verpasst, findet Musikkritiker Vincent Neumann. In der filmischen Handlung seien schließlich drei Jahrzehnte vergangen und dieser Zeitsprung würde auch eine musikalische Weiterentwicklung rechtfertigen wie Jóhann Jóhannsson sie hätte leisten können – seine innovative Arbeit an "Arrival" sei dazu Beweis genug.
Das ganze Gespräch mit Vincent Neumann (8:24 min.):

"Blade Runner 2049"
GB, USA, CA 2017
Regie: Denis Villeneuve
Darsteller: Harrison Ford, Ryan Gosling, Ana de Armas, Robin Wright, u.a.
163 Minuten, ab 16 Jahren

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