Nelson Jamal

Der malende Türsteher

Nelson Jamal steht im Berliner Ortsteil Weißensee vor einem seiner Wandbilder.
Nelson Jamal steht im Berliner Ortsteil Weißensee vor einem seiner Wandbilder. © Gesine Kühne
Von Gesine Kühne · 03.07.2017
Nelson Jamal jobbt als Türsteher in Berlin, ist aber eigentlich freischaffender Künstler. Nach einer Tischler-Ausbildung studierte er an der Kunsthochschule Weißensee. Seine Arbeiten stellt er jetzt auf dem Kunstfestival "Acht Tage Marzahn" aus.
Welche Verbindung hast du zu Marzahn?
"Ich hab viele Freunde aus Marzahn, ich hab auch viel Zeit in meiner Jugend hier verbracht. Ich bin in Lichtenberg aufgewachsen, auch ne Gegend, die viele Neubausiedlungen hat. Ich fand das immer cool so, diese Verbindung von Stadt und eigentlich auch unbewohnten und unentschiedenen Gebieten."
Nelson Jamal, weite, lilafarbene Shorts, schwarzes T-Shirt, Turnschuhe, schlendert durch die eher triste, weiß geflieste Promenade in Marzahn. Sie ist überdacht und eingerahmt von Plattenbauten. Rechts und links entlang der Promenade: kleine Läden mit buntem Schnickschnack und Künstlerateliers.
Und hier findet also dieses Kunstfestival statt, Acht Tage Marzahn?
"Genau, 'Acht Tage Marzahn'. Es geht entlang der Marzahner Promenade. Es beginnt am Eastgate."
Das ist dieses Einkaufszentrum.
"Das ist das Einkaufszentrum direkt am S-Bahnhof Marzahn und dann gibt es verschiedene Stationen, wo die Künstler ihre Sachen zeigen."
Zum Beispiel in den leerstehenden Räumen entlang der Promenade. Seit kurzem lockt der Ortsteil Marzahn nämlich mit Räumen für Künstler zur Zwischennutzung, um endlich sein Ghetto-Image loszuwerden. Auch ein Grund, warum das Festival veranstaltet wird:
"Die Idee von den Initiatoren war halt zu sagen, wir sind alle aus Marzahn, wir sind hier aufgewachsen und wir wollen mit dem Kunstprojekt den Leuten auch einen Zugang zu Marzahn verschaffen."

Mit einer Bilderserie beim Festival dabei

Der 35-jährige Nelson Jamal hat für das Kunstfestival eine kleine Bilderserie erschaffen. Aus Malerei und Scherenschnitt. Titel "Dit Lebm ina Platte is bunt". In den Werken trifft Struktur und Gradlinigkeit in Form von Architektur der Platte auf Farbe und fließende Übergänge von den Bäumen rund um die Platte.
Detail aus dem Wandbild von Nelson Jamal in Berlin-Weißensee
Detail aus dem Wandbild von Nelson Jamal in Berlin-Weißensee© Gesine Kühne
Und genau so arbeitet der Berliner Künstler. Flächig, bunt mit strukturierter Tiefe. Eine Vorliebe, die Jamal schon an diversen Wänden in Berlin hinterlassen hat:
"Ich mag Räumlichkeit. Generell sehe ich meine Bilder als Fenster in eine andere Welt."
Ortswechsel, Berlin Weißensee. Nelson Jamal steht auf einem Schotterhaufen und guckt auf eine acht Meter hohe Wand. Diese ist auf eine Länge von 25 Metern komplett mit einem Graffiti bedeckt. Nelson Jamal hat es zusammen mit zwei anderen Künstlern gesprüht:
"Ich habe immer gern gezeichnet."

Vom Tischler zum freischaffenden Künstler

Mit zehn Jahren kommt dann die Liebe zum Sprühen dazu. Außerdem eine Faszination für die alten Meister Da Vinci und Michelangelo, die riesige, detailgetreue Bilder gemalt haben. In der Schulzeit interessiert den Künstler nichts außer Malen und Sport. Das versaut ihm den Abschluss. Er wird Tischler. Doch mit 24 merkt er, dass Möbel zimmern und auf dem Bau arbeiten nicht zu seinem Lebenstraum gehören. Er bewirbt sich 2006 in Weißensee auf der Kunsthochschule, studiert Kostüm und Bühnenbild. 2013 bekommt er sein Diplom, seine Abschlussarbeit – ein Trickfilm.
Seit vier Jahren arbeitet Nelson Jamal als freischaffender Künstler. Um die Zeit für Ideenentwicklung und zum Beispiel auch Sponsorenakquise für große Wandbilder zu haben, unterrichtet er nebenbei zwei Tage in der Woche Kunst an einer Gesamtschule - und arbeitet sonntags als Türsteher am Club:
"Wichtig war für mich jetzt auch mit den Jobs, dass es nicht, ähnlich wie damals im Handwerk fünf Tage oder gar sieben Tage sind, denn da bleibt nicht mehr viel Energie oder Zeit. Das, was eigentlich mein Ziel ist, mit Kunst meinen Lebensunterhalt zu finanzieren."
Und weil Ausstellungen nun mal die Visitenkarten eines Künstlers sind, kann Nelson Jamal auf dem Kunstfestival "Acht Tage Marzahn" nicht nur Werbung für den Bezirk machen, sondern auch für sich.

Das Kunstfestival "Acht Tage Marzahn" findet vom 1. bis 8. Juli 2017 entlang der Marzahner Promenade in Berlin statt. In verschiedenen Locations werden Arbeiten aus den Bereichen Malerei, Musik, Fotografie und Performance von 30 Künstlern und Kunstkollektiven geboten.

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