Neil MacGregor

Ein Hoffnungsträger für das Vakuum im Schloss

Das Etagenmodell zeigt einen Mann, der im Bereich "Ostasien" im künftigen Berliner Humboldt-Forum steht.
Das Etagenmodell zeigt einen Mann, der im Bereich "Ostasien" im künftigen Berliner Humboldt-Forum steht. © dpa / picture alliance / Daniel Bockwoldt
Von Barbara Wiegand  · 08.04.2015
Der erfolgreiche Direktor des Londoner British Museum, Neil Macgregor, wird in Berlin arbeiten – und zwar im neu entstehenden Schloss. Dort soll er das geplante Humboldt-Forum zum spannenden Museumsprojekt machen. Das könnte der einfallsreiche Schotte schaffen, meint Barbara Wiegand.
Ein "Star der Museumswelt" kommt nach Berlin, ein "versierter Kulturdiplomat" und "internationaler Netzwerker". Die ersten Reaktionen in den Medien zur Berufung Neil MacGregors als Gründungsintendant des Berliner Humboldt-Forums im Berliner Stadtschloss – sie sind ziemlich euphorisch.
Und tatsächlich wird mit MacGregor ein kulturelles Schwergewicht den Thron des auf der Kubatur des alten erbauten neuen Schlosses besetzen. Unter seiner Ägide als Direktor zählte das British Museum zuletzt 6,7 Millionen Besucher − er konzipierte außergewöhnliche Ausstellungen über die Eiszeit, die Wikinger, öffnete den Briten eine mal andere Perspektive auf die Deutschen in einer hochgelobten Schau zum 25. Jahrestag des Mauerfalls.
Ja, was einen so für den 1946 in Glasgow geborenen Schotten einnimmt, ist ein auch mal über die Konventionen des Museumsbetriebes hinausreichender Einfallsreichtum. Ein Einfallsreichtum, der es nebensächlich erscheinen lässt, dass er bei der geplanten Eröffnung des Humboldt-Forums 2019 73 Jahre alt sein wird. Legendär etwa seine Idee, im Radio die Geschichte der Welt anhand von 100 musealen Objekten zu erzählen – mehr davon, von dieser Offenheit, aber auch sinnlichen Nachvollziehbarkeit wünscht man sich jetzt für das Humboldt-Forum.
Inhaltlich bisher vage
Ja, mit MacGregor steigt die Hoffnung, das Humboldt-Forum zu verwirklichen! Jenes Projekt, dessen Hülle als eines der wenigen funktionierenden Berliner Bauprojekte unübersehbar in Berlins Mitte in die Höhe ragt, das aber inhaltlich bisher recht vage blieb – nur mit der Gewissheit, dass die Sammlungen außereuropäischer Kulturen und Teile der Humboldt-Universität einziehen sollen. Gerade, weil er von außen kommt, gerade weil er aber Deutschland auch stets ehrlich interessiert im Blick hatte, kann MacGregor dieses Vakuum nun füllen.
Der Direktor des British Museum in London, Neil MacGregor
Der Direktor des British Museum in London, Neil MacGregor© AFP / Jack Guez
Er kann, das hat er bewiesen, Geschichten und Geschichte auch mal anders erzählen, und hat vielleicht dann auch den erforderlichen Mut, aus dem Humboldt-Forum einen Ort zu machen, an dem weit weg von rein repräsentativer Weltoffenheit wirklich Debatten angestoßen werden. Dass man ihn mit seiner Aufgabe nicht allein lässt, sondern ihm den Professor der Humboldt-Universität Horst Bredekamp und den Chef der Stiftung Preußischer Kulturbesitz Hermann Parzinger zur Seite gestellt hat – das ist klug.
Gegen die Provinzialisierung
Der eine auch gern mal unkonventionell denkender Intellektueller, der andere so zurückhaltender wie nachhaltiger Befürworter des Humboldtforums. Und bezeichnend ist es, dass das Land Berlin nicht vertreten ist in diesem beratendem Gremium, das ab Oktober zwei Jahre lang das Humboldt-Forum auf den Weg bringen soll.
Berlin, das sich einbringen wollte in das Humboldt-Forum mit einer Dependance seiner Zentral- und Landesbibliotheken, das sich nun, so wurde es vor kurzem nebulös verkündet, als Welt.Stadt.Berlin ausstellen will. Die Gefahr einer Berlin bespiegelnden Provinzialisierung, sie scheint mit der Berufung dieses Gremiums gebannt – jetzt muss der Leiter des Intendantenstabes, Neil MacGregor, nur noch die Weichen nachhaltig stellen für das Humboldt-Forum. Die Chancen, sie stehen gut!

Hören Sie dazu auch das Interview mit Nikolaus Bernau: "Die Berufung Neil MacGregors zeigt, was bei der SPK (Stiftung Preußischer Kulturbesitz) im Argen liegt"

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