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Konjunktur 2019
Deutsche Wirtschaft wächst um 0,6 Prozent

Handelskonflikte, kriselnde Autobranche, Brexit-Chaos: Die deutsche Wirtschaft ist 2019 wegen zahlreicher Faktoren so langsam gewachsen wie seit sechs Jahren nicht mehr. Kauffreudige Verbraucher und der anhaltende Bauboom sorgten zumindest dafür, dass die zwischenzeitlich drohende Rezession ausblieb.

Von Theo Geers | 15.01.2020
Container auf einem Frachter am Terminal Eurokai (Eurogate) im Hafen Hamburg
Das Wachstum der deutschen Wirtschaft wurde 2019 von Handelskonflikten ausgebremst. (Christian Charisius/dpa)
Es ist immer ein Ritual. Um fünf vor zehn beginnt die Pressekonferenz, um genau zehn Uhr verliest dann Albert Braakmann vom Statistischen Bundesamt den einen entscheidenden Satz - und vor die eine entscheidende Zahl setzt er auch immer eine kleine Kunstpause.
"Das preisbereinigte BIP stieg nach ersten vorläufigen Berechnungen des Statistischen Bundesamtes um 0,6 Prozent."
So trocken klingt es, wenn Statistiker verkünden, dass die deutsche Wirtschaft im vergangenen Jahr noch einmal mit einem blauen Auge davon gekommen ist.
Tempo lässt nach
Das ist die gute Nachricht: So schlecht wie von manchen vor einem Jahr befürchtet ist es nicht gelaufen. Europas größte Volkswirtschaft, eben die deutsche, hat auch im letzten Jahr immer noch zugelegt.
"Die deutsche Wirtschaft ist damit das zehnte Jahr in Folge gewachsen. Das ist die längste Wachstumsphase im vereinten Deutschland, die Wachstumsdynamik hat im vergangenen Jahr aber deutlich nachgelassen."
Und das ist die schlechte Nachricht hinter den vielen Zahlen, die das Statische Bundesamt präsentiert. Handelskonflikte, drohende Strafzölle und die Hängepartie um den Brexit bremsten den Außenhandel und führten zu deutlich weniger Investitionen im Inland.
Achillessehne Industrie
Das aber heißt: Die deutsche Wirtschaft, die sehr vom Export lebt und deren weitere Stärke unter anderem im Bau von Maschinen und Anlagen - also klassischen Investitionsgütern - liegt, wurde da getroffen, wo sie besonders verwundbar ist.
"Die Wirtschaftsleitung des produzierenden Gewerbes ohne Bau ging um 3,6 Prozent zurück."
Und daran hatte auch die kriselnde Autoindustrie maßgeblichen Anteil. Das aber heißt übersetzt: Die Industrie durchschritt im letzten Jahr eine Rezession.
Die Verbraucher reißen es raus
Und alles wäre noch viel schlimmer geworden, wenn es nicht auch Lichtblicke gegeben hätte. Vor allem der ungebrochene Boom auf dem Bau - plus vier Prozent - und die weiter hohe Kauflust der Verbraucher sorgten dafür, dass die Rezession nicht auch noch die gesamte Wirtschaft erfasste und unterm Strich 0,6 Prozent als Wachstum übrig blieben.
Davon profitierten auch Bund, Länder Kommunen und die Sozialkassen. Der Gesamtstaat erzielte im letzten Jahr einen Überschuss von fast 50 Milliarden Euro.