Nahrungsforschung im Silicon Valley

Der Hamburger der Zukunft ist fleischlos

Veganer Hamburger
Die fleischlosen Burger aus dem Silicon Valley gehen über die bekannte Soja- oder Tofuvariante weit hinaus. © imago/biky
Von Nicole Markwald · 29.09.2015
Die Nahrungsmittelindustrie ist reif für eine Revolution - nicht zuletzt aus Umweltschutzgründen. Deshalb forschen Start-up-Unternehmen im Silicon Valley an Fleischersatzprodukten. Wenn es nach ihnen geht, kommen Lebensmittel zukünftig aus dem Labor.
Ein Hamburger, außen schön knusprig braun, innen saftig rot. Ein Sandwich, beschmiert mit cremiger Mayonnaise und belegt mit zarten Hühnchenstreifen. Diese Gerichte gehören für viele Amerikaner auf den Speiseplan. Die Besonderheit: kein einziges Tier muss mehr dafür sterben, denn inzwischen gibt es fleischlose Alternativen, die dem Original extrem nahe kommen.
Der rein pflanzliche Burger der Firma Impossible Foods hat die Investoren im Silicon Valley dermaßen beeindruckt, dass sie bislang 75 Millionen Dollar in das kalifornische Start up gesteckt haben. Hinter Impossible Foods steckt Patrick Brown, von Hause aus Biochemiker. Seit 2009 forscht er an tierlosen Alternativen – aus Umweltschutzgründen:
"Die Fleisch- und Käseproduktion sind mit die umweltschädlichsten Industrien auf unserem Planeten. Mit der wachsenden Bevölkerung wird es mit den gegenwärtigen Methoden unmöglich, die Nachfrage zu befriedigen."
Der Burger, den Brown und seine Mitarbeiter entwickelt haben, sieht wie ein ganz normales Exemplar aus bestem Rindfleisch aus und soll auch so schmecken. Was ihn von den bisher üblichen Soja- oder Tofuprodukten unterscheidet? Häme - das Molekül in Hämoglobin, dem roten Blutfarbstoff. Dieses Molekül kommt eben auch in Alfalfa-Sprossen, Erdnüssen oder Hülsenfrüchten vor. Und genau da haben Brown und sein Team gewildert. Dazu haben sie andere Faktoren beim normalen Rindfleischburger untersucht: die Struktur von Muskeln, Fett und Gewebe zum Beispiel. Jedes Molekül in seinem Burger, so Brown, komme irgendwo in der Natur vor. Wenn man so will: die Fleischproduktion im Silicon Valley findet nicht mehr im Schlachthof, sondern im Labor statt. Für Ryan Bethencourt eine außergewöhnlich spannende Zeit:
"Mich begeistert, wenn sich Biologie und digitale Welt kreuzen. Wir entfernen uns davon, lediglich Software zu programmieren und gehen dahin, sozusagen Substanzen zu programmieren - und darum geht es in der Biologie."
Dicke Checks von Yahoo und Facebook
Dafür hat Bethencourt die Nachwuchsförderung Indie Bio gegründet, das speziell in Bio-Start-ups investieren will. Für ein junges Unternehmen läuft es gerade besonders gut: Hampton Creek hat innerhalb von drei Jahren 120 Millionen Dollar an Investitionsgeld eingesammelt. Dicke Schecks kamen unter anderem von den Mitgründern von Yahoo und Facebook. Der Star bei Hampton Creek ist eine kleine gelbe Erbse. Deren Eiweiß ersetzt in Mayonnaise das Hühnereiweiß. Josh Tetrick steckt hinter Hampton Creek. Der 35-Jährige Jurist hat jahrelang für soziale Projekte in Afrika gearbeitet. Tetrick hält die US-Nahrungsmittelbranche für völlig kaputt:
"Auch das Bildungs- und Gesundheitswesen sind kaputt, aber die Nahrungsmittelindustrie sticht hervor - weil sie der Umwelt schadet, unserer Gesundheit und nicht mehr mit unseren Werten übereinstimmt."
Während Tetrick diese Worte spricht, prangt auf einer großen Leinwand hinter ihm ein unappetitliches Bild aus der Massentierhaltung. Auch Beyond Meat-Inhaber Ehan Brown sagte gegenüber dem Fernsehsender CBS, die Nahrungsmittelindustrie sei reif für eine Revolution:
"Ich vergleiche das gern mit dem Aufkommen der Automobilindustrie. Verbrennungsmotoren machten Pferde im Straßenverkehr überflüssig. Und wir wollen, dass tierische Proteine überflüssig werden."
Und fügt hinzu:
"Die Leute klingen immer so hoffnungslos, wenn es um Umweltschutz geht – ach, was soll ich allein schon ausrichten können. Aber rund die Hälfte des Ausstoßes von Treibhausgasen stammt von der Viehwirtschaft. Wenn wir den Fleischverbrauch weltweit um ein Viertel senken könnten, wäre das ein großer Schritt im Kampf gegen den Klimawandel."
Mehr zum Thema