Naher Osten

Zweifelhafter Unterstützer

Bundeskanzlerin Merkel und der Emir von Katar, Scheich al-Thani, nehmen die Ehrenformation vor dem Bundeskanzleramt ab.
Bundeskanzlerin Merkel hat den Emir von Katar, Scheich al-Thani, in Berlin mit militärischen Ehren empfangen. © picture alliance / dpa / Wolfgang Kumm
Von Klaus Remme · 17.09.2014
Beim Besuch des Emirs von Katar in Berlin sieht die Kanzlerin den Golfstaat als Verbündeten im Kampf gegen den IS. Dass Katar wirklich ein verlässlicher Partner ist, bezweifelt Klaus Remme.
Die Bundeskanzlerin hat viele Gründe, ihren heutigen Gast freundlich zu empfangen. 17 Prozent Anteil an VW, elf Prozent an Hochtief, Großaktionär bei der Deutschen Bank und bei Siemens. So ein Investor findet im Bundeskanzleramt offene Türen und zwar nicht am Hintereingang. Es ist der erste Besuch des noch jungen Emirs. Ein guter Anfang, befand Angela Merkel nach dem Gespräch.
Offenbar hat man nicht nur über die wachsende Bedeutung der wirtschaftlichen Beziehungen gesprochen, die für sich genommen eine klassische win-win-Situation sind. Deutschland hätte doch zu gern einen Teil der noch immer gewaltigen Gasvorräte Katars und kann im Gegenzug stabile Investitionschancen bieten, die den Scheichs einen Weg in die Zukunft ohne Petro-Dollars ebnen können.
Merkel schenkt Emir öffentlich Glauben
Nein, man hat dem Vernehmen nach auch über die Rolle Katars im blutigen Kampf gegen islamistischen Terror gesprochen. Und da hat Angela Merkel allen Grund, neben Freundlichkeit eine gehörige Portion Skepsis an den Tag zu legen. Öffentlich war das nicht zu vernehmen. Im Gegenteil.
"Katar hat nie extremistische Gruppen unterstützt, hat nie und wird nie terroristische Organisationen unterstützen",
sagte der Emir durch den Übersetzer wörtlich.
Darauf die Kanzlerin:
"Ich habe jetzt keinen Grund, den Aussagen des Emirs nicht zu glauben."
Der IS als Gefahr für die Herrschaft des Emirs
Angela Merkel ist nicht eben für ihre Naivität bekannt, deshalb sind diese Worte nur als gewollte Blauäugigkeit zu verstehen. In der frühen Phase des Syrien-Kriegs war Saudi-Arabien und Katar alles und jeder recht, um Bashar al Assad zu schwächen. Ja, die Mittel sind vor allem über nicht-staatliche, private Kanäle geflossen, doch in einem autokratischen System gibt es Mittel und Wege, diesen Entwicklungen Einhalt zu gebieten, wenn man denn will.
ISIS ist eine Organisation, die sich ihre Millionen für den Terror inzwischen auch ohne diese Hilfe sichert. Mag sein, dass der Emir inzwischen erkannt hat, dass die Terroristen vom Islamischen Staat mittelfristig auch eine Gefahr für die eigene Herrschaft bedeuten. Mag auch sein, dass Katar deshalb inzwischen überzeugtes Mitglied der Anti-IS-Allianz ist. Wechselnde, brüchige Bündnisse sind geradezu charakteristisch für die aktuelle Entwicklung im Mittleren Osten. Mag alles sein, erwiesen ist das nicht und deshalb führt die Bezeichnung "strategischer Partner" mit Blick auf Katar in die Irre.
Ohne klare Indizien für eine neue, dauerhafte Kurskorrektur Katars gibt es keinen Grund, deutsche Waffen an den Golf zu exportieren. Nach den Exportentscheidungen der schwarz-gelben Bundesregierung bedarf es deshalb in diesem Zusammenhang auch hierzulande einer Kurskorrektur.
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